Johann Joseph Rösler
Konzert Nr. 2 Es-Dur
für Klavier und Orchester, Urtext, hg. von Alena Hönigová, Partitur/Klavierauszug von Petr Koronthály
Wie viele kleinere Meister steht auch Johann Joseph Rösler in der Rezeptionsgeschichte im Schatten der großen Wiener Klassiker. Ein Blick in musikgeschichtliche Lexika unterstreicht dies augenfällig. Der äußerst geringe Umfang an Publikationen, in denen sich mitunter sogar widersprüchliche Angaben zu Röslers Lebensdaten finden, ist zugleich ein Spiegelbild für den Forschungsstand, der somit bis in die Gegenwart weniger als bescheiden ausfällt.
Doch gerade die Beschäftigung mit kleineren Meistern bildet nicht selten eine Bereicherung für die Musikgeschichtsschreibung, indem Hintergründe und Zusammenhänge vertiefend erforscht werden und damit den kontextuellen Horizont erweitern. Auch bei Rösler zeigen sich interessante Bezüge zum kulturellen Leben im damaligen Habsburgerreich. So stand dieser in den Diensten des Grafen Franz Joseph Maximilian von Lobkowitz (ein wichtiger Beethoven-Mäzen) und wirkte in dessen Wiener Palais als Kapellmeister.
Eine Notenausgabe – und besonders eine wissenschaftlich-kritische Ausgabe – bildet einen wichtigen Meilenstein in der Wiederentdeckung eines in der Musikhistoriografie nur wenig beachteten Komponisten. Ganz in diesem Sinne trägt die vorliegende von Alena Hönigová herausgegebene Edition von Röslers Konzert Nr. 2 in Es-Dur für Klavier und Orchester zur Erschließung des Meisters bei. Von seiner äußeren Form entspricht das Werk der damals typischen Satzfolge des Solokonzerts: schnell – langsam – schnell. Auch seine in weiten Teilen kantable Melodik und feinsinnigen Figurationen lassen erahnen, dass ihm noch der Geist des gerade verstrichenen 18. Jahrhunderts innewohnt. 1803 entstanden, galt das Werk lange Zeit als verschollen. Erst durch den Vergleich von Handschriften und dem Incipit in Röslers eigenem Werkverzeichnis gelang die Identifizierung und Zuordnung des Autografs, welches sich im Archiv des Prager Konservatoriums befindet.
Auf dieser Quelle basiert die vorliegende Ausgabe. Handschriftliche Änderungen und sonstige Besonderheiten im Autograf thematisiert die Herausgeberin in dem in englischer Sprache enthaltenen Kritischen Bericht. Die Anordnung der Stimmen in der Partitur berücksichtigt die Gepflogenheiten der
damaligen Aufführungspraxis mit Generalbassspiel, sodass das Soloklavier zwischen Bratschen und den tiefen Streichern angeordnet ist. Der zugleich erschienene Klavierauszug von Petr Koronthály ermöglicht auch eine Aufführung im kleinen Rahmen. Insbesondere für Studienzwecke erweist sich dies als sehr entgegenkommend.
Mit dem Vorwort, das auf Tschechisch, Englisch und Deutsch der Partitur und dem Klavierauszug vorangestellt ist, gibt die Herausgeberin zudem wichtige Hinweise zur Person des Komponisten und seiner Vernetzung im Kulturleben der Zeit sowie zur Überlieferung des Werks. Zusammen mit dem Aufführungsmaterial, welches leihweise bezogen werden kann, bildet die vorliegende Notenausgabe somit wichtige Impulse zur Entdeckung eines vergessenen Meisters aus der Zeit der Wiener Klassik.
Bernd Wladika