Weber, Carl Maria von

Konzert Nr. 1 / Nr. 2

für Klarinette und Orchester f-Moll WeV N.11/Es-Dur WeV N. 13, hg. von Frank Heidlberger, Klavierauszug

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2012
erschienen in: das Orchester 10/2012 , Seite 66

“Seit ich für Bärmann das Concertino componirt habe, ist das ganze Orchester des Teufels und will Concerte von mir haben” – ein viel zitierter Satz Carl Maria von Webers, der sich auf eine fruchtbare Phase bezieht, als der knapp 25-Jährige 1811 in München weilte und in engem Kontakt zur dortigen Hofkapelle stand, insbesondere zum Soloklarinettisten Heinrich Joseph Baermann, dessen Vortrag in einer zeitgenössischen Rezension seines “wahrhaft entzückenden Tons” und “großer Fertigkeit” wegen gerühmt wurde. Vor allem aber sei Baermann ein Künstler, der “lieber ein schönes Ganzes geben, als in gewöhnlichen Virtuosen-Sprüngen und Schwierigkeiten auf Momente schimmern will”.
Für diesen talentierten Musiker schrieb Weber im Jahr 1811 ein Concertino sowie zwei Konzerte in f-Moll und Es-Dur, die seither zum Kernrepertoire der Klarinettisten gehören. Im Rahmen seiner kritischen Neuausgabe der Werke Webers hat der Verlag Schott 2010 die Partituren der beiden Konzerte neu herausgegeben, ergänzend hierzu erscheinen nun Klavierauszug-Versionen inklusive Solostimmen.
Diese exzellente, fortan als Maßstab zu betrachtende Ausgabe macht einmal mehr deutlich, wie bedeutsam die Wahl des Notenmaterials für eine wirkliche interpretatorische Durchdringung zumal bekannter Standardwerke ist. Noch heute (und aus vielen anderen Instrumental-Landschaften ließen sich ähnliche Beispiele anführen!) greifen Solisten, Lehrer, Schüler und Orchester auf Editionen zurück, die durch bearbeiterische Zusätze die wahren Intentionen der Komponisten eher verschleiern als enthüllen. Herausgeber Frank Heidlberger legt im Einführungstext der Klarinettenkonzerte dar, dass und warum die Ausgaben Carl Baermanns aus den 1870er Jahren keinen Anspruch auf Authentizität besitzen, obwohl Generationen sie verwendet haben, handelte es sich doch bei diesem Herausgeber um den Sohn Heinrich Baermanns, der überdies sein Nachfolger im Münchner Orchester war. Webers Partiturautograf sowie die Solostimme des Erstdrucks (1823/24, teilweise mit aufführungspraktischen Ergänzungen Webers) belegen indes, dass Carl Baermanns Edition zahlreiche Ergänzungen in puncto Dynamik, Tempo und Phrasierung sowie Verzierungen und Kadenzen enthält, die nicht auf Weber zurückgehen, ja dessen offensichtlichem Streben nach Vielfalt durch Uniformierung vieler Passagen entgegenwirkten.
Heidlbergers Ausgaben enthalten zwei separate Klarinettenstimmen; sie geben zum einen den Erstdruck, zum anderen den Text des Partiturautografs wieder. Im Klavierauszug ist durchlaufend die Solostimme des Autografs zu sehen, in zahlreichen Passagen jedoch darüber auch die Solostimme des Erstdrucks, um Abweichungen sichtbar zu machen. Neben diesen editorischen Leistungen ist insbesondere der völlig neugestaltete Klavierauszug hervorzuheben: Anstelle simpler Begleit-Akkordik finden wir hier einen flüssig spielbaren und dennoch die orchestrale Stimmführung weitestgehend verdeutlichenden Klavierpart.
Gerhard Anders