August Winding

Konzert für Klavier und Orchester a-Moll

op. 16, hg. von Johannes Volker Schmidt, Partitur

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Ries & Erler, Berlin 2020
erschienen in: das Orchester 09/2021 , Seite 79

August Winding (1835-1899) war ein dänischer Pianist und Klavierpädagoge, der von Carl Reinecke, Alexander Dreyschock und in Musiktheorie von Niels Wilhelm Gade unterrichtet wurde. Mit Gade verband ihn zeitlebens eine enge Freundschaft (sowie eine quasi-verwandtschaftliche Beziehung, da sie beide einen gemeinsamen Schwiegervater hatten), ebenso mit Edvard Grieg.
Als Pianist widmete er sich vor allem der Wiener Klassik; der Komponist Winding hinterließ eine Reihe von Solo-Charakterstücken und Kammermusik für sein Instrument Klavier: Violinsonaten, Fantasiestücke für Klarinette und Klavier, ein Klavierquartett, aber auch ein Streichquintett, sinfonische Werke und Vokalmusik.
Das hier in einer Neuausgabe vorgelegte Klavierkonzert entstand 1867/68, wurde 1869 mit dem Komponisten am Klavier und unter der Leitung von Gade, dem es gewidmet ist, erfolgreich uraufgeführt und im Folgejahr auch gedruckt. Opuszahl und Tonart gemahnen an Griegs Klavierkonzert, ebenfalls 1868 entstanden, und der Herausgeber der vorliegenden Ausgabe weiß im Vorwort gute Argumente dafür anzubringen, dass Grieg vom Konzert des älteren Kollegen nicht unbeeinflusst war; zugleich sei eine Wirkung des Schumann’schen a-Moll-Klavierkonzerts auf Winding (der dieses in seinem pianistischen Repertoire führte) und auch Grieg nicht von der Hand zu weisen.
Windings Konzert blieb ein nachhaltiger Erfolg jedoch versagt. Dennoch hebt es sich von der schier unermesslichen Fülle der Klavierkonzerte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch eine feinsinnige Orchestrierung, schöne Klangfarben im Zusammenspiel von Klavier und Orchester (bisweilen an Schumann und auch Mendelssohn erinnernd) sowie einen Verzicht auf äußerliche Virtuosität ab. Somit liegt hier ein gehaltvolles und im Gedächtnis haftenbleibendes Werk von etwa 25 Minuten Spieldauer vor, das weder den Solo- noch den Orchesterpart (mit doppeltem Holz, vier Hörnern, zwei Trompeten und Pauke) mit Schwierigkeiten überfrachtet und dennoch zum Ende hin genügend Konzertwirksamkeit zu entwickeln weiß – ein pianistisch recht dankbares Werk also, das auf harmonisch ambitioniertere Töne verzichtet und sich in traditionellen Bahnen bewegt, gleichwohl neugierig auf weitere Kompositionen Windings zu machen weiß.
Windings Konzert ist in der verdienstvollen Reihe „Sinfonik des 19. Jahrhunderts“, in der bereits seine Symphonie op. 39 vorliegt, bei Ries & Erler erschienen. Die Partiturausgabe ist, und das ist heute keine Selbstverständlichkeit mehr, verlegerisch sorgfältig gefertigt: 28 Seiten mit ausführlichem Vorwort und Kritischem Bericht des Herausgebers sowie Faksimile Abbildungen stehen dem Notenteil voran; eine gute Papierqualität und stabile Bindung, die ein leichtes Aufschlagen des Bandes erlaubt, runden die gelungene Ausgabe ab. Neben der hier vorgestellten Partitur ist das Aufführungsmaterial leihweise erhältlich.
Christian Ubber