Jiří Pauer

Konzert für Fagott und Orchester

Fagottstimme revidiert von Ondrej Šindelář

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Bärenreiter
erschienen in: das Orchester 05/2021 , Seite 77

Dieses Fagottkonzert ist eng mit der Stadt Prag, der Tschechi­schen Philharmonie und ihren Fagottisten verknüpft. 1949 komponierte Jiří Pauer das Fagottkonzert als Abschlussarbeit an der Prager Musikakademie. Es wurde von Dalibor Brázda, der später in die Schweiz auswanderte, uraufgeführt. 1952 wurde es vom Komponisten grundlegend überarbeitet und in der zweiten Fassung von Karel Bidlo uraufgeführt sowie auf Tonträger aufgenommen. Ein paar Jahre später spielte es František Herman ein. Die vorliegenden Noten sind revidiert von Ondřej Šindelář.

Alle Interpreten und der Herausgeber sind oder waren Fagottisten des Prager Orchesters. In den 1950er und 1960er Jahren gehörte dieses Konzert dreimal zum Repertoire des Internationalen Wettbewerbs des Prager Frühlings. Von dort aus verbreitete es sich und wurde zum bekanntesten Werk von Jiří Pauer.

Der neuen Fagottstimme liegen die beiden ersten Tonaufnahmen, der zweite Klavierauszug und das Autograf der Partitur zugrunde. Abweichungen zwischen den Quellen sind angemerkt. Der Klavierauszug wurde vom Komponisten angefertigt, ist sehr pianistisch und kann als eigenständig angesehen werden. Er wurde belassen.

Jiří Pauer (1919-2007) war nicht nur ein bemerkenswerter und geschätzter Komponist und Kompositionslehrer, sondern besaß auch besondere Fähigkeiten als Organisator, wie seine Positionen als u.a. Opernchef des Nationaltheaters Prag und Künstlerischer Leiter der Tschechischen Philharmonie nahelegen. Nichtsdestotrotz wurde er 1989 als Generaldirektor des Nationaltheaters Prag entlassen, weil er die Politik der ehemaligen kommunistischen Staatsregierung unterstützte und am 17. November 1989 Protestaufführungen verhinderte, indem er Mitarbeiter und Künstler aussperrte.

Das Fagottkonzert erscheint in seinen einsehbaren Werklisten als früheste Komposition. Es folgen Opern, Solokonzerte, Orchester- und Kammermusikwerke. Der Musikstil des Fagottkonzerts zeigt sich virtuos im Zwischenbereich von Unterhaltungsmusik und Avantgarde und lässt Anklänge an Operette und Musical hören. Böhmische Melodien und Tanzrhythmen verweisen auf die tschechische Musiktradition. Es folgt einer klaren Struktur, ist dreisätzig und enthält stimmungsvolle Klanggewebe neben kammermusikalischer Zwiesprache. Die Vorzüge des Fagotts kommen bestens zur Geltung.

Die Noten erscheinen im schönen schlichten Design der Bärenreiter-Urtextausgaben. Eine Besonderheit ist der große Druck, der sehr entspanntes Lesen erlaubt.

Im ausführlichen Vorwort geht Šindelář auf die Aufführungsgeschichte ein und würdigt damit die beteiligten Dirigenten und berühmten Fagottisten.

Die Neuausgabe des Fagottkonzerts von Jiří Pauer rückt ein Stück tschechischer Fagott- und Musikgeschichte ins Licht und ist eine empfehlenswerte Bereicherung des Fagottrepertoires.

Annette Winker