Heucke, Stefan

Konzert für Bassklarinette und Orchester op. 33

Klavierauszug von Rainer Klaas

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2011
erschienen in: das Orchester 07-08/2011 , Seite 72

Der 1959 geborene, in Bochum ansässige Komponist Stefan Heucke lässt in seinen Instrumentalwerken eine besondere Vorliebe für die Bassklarinette erkennen – vielleicht hervorgerufen durch den niederländischen Bassklarinettisten Henri Bok, der neben anderen Werken auch dieses Konzert, das bereits 1998/99 geschrieben wurde und seine Uraufführung im gleichen Jahr in Lissabon erlebte, in Auftrag gegeben hat. Der jetzt vorliegende Klavierauszug ist für die Idee des Konzerts nur begrenzt aussagefähig, da die Raumdisposition des Orchesters eine große Rolle spielt. Heucke pos­tiert den Bassklarinettisten in die Mitte der Bühne, umgeben von Harfe, Pauke und einem großen, von mehreren Spielern auszuführenden Schlagzeug. Links und rechts davon ist ein komplett besetztes Streichorchester postiert, dessen Mindestbesetzung mit 5.5.4.3.2 angegeben wird.
Abgesehen von dieser klangdramaturgischen Konzeption ist das Konzert konventionell gestaltet. Heucke arbeitet mit tonalen Elementen, traditionellen Satztechniken und ausgeprägtem Formsinn, der auf Geschlossenheit abzielt. Er gliedert das Werk, dessen Spieldauer mit 35 Minuten angegeben wird, in sechs ineinander übergehende, im Tempo kontrastierende Sätze, die eine Art Bogenform ergeben. Die einzelnen Sätze exponieren im Solopart ganz unterschiedliche Charaktere, wobei die Klangregister der Bassklarinette optimal genutzt werden. Zu Beginn entfaltet sich aus einem Unisono von Orchester und Klarinette in extrem langsamem Tempo nach einem für das gesamte Konzert charakteristischen Tritonussprung in einer kantablen Melodie der gesamte Tonraum. Im zweiten Satz werden vorwiegend extreme Hoch-Tief-Kontraste in prägnanter und eingängiger Rhythmik thematisiert, während der dritte Satz lyrischen Elementen Raum gibt. Der vierte Satz wird sehr stark vom Orchester dominiert und nimmt dramatische Züge an, wobei in der Mitte des Satzes eine durch Slaptongue verfremdete, etwas triviale Melodie, die tonal begleitet wird, auffällt. Diese Stelle ist quasi der Wendepunkt des Konzerts, da anschließend das kom-
positorische Material der vorhergehenden Abschnitte wieder aufgegriffen wird, ergänzt um eine noch einmal den gesamten Tonraum in den Extremen vorführende Kadenz.
Der Solopart ist für ein zeitgenössisches Konzert nicht überaus anspruchsvoll, er verlangt jedoch eine sehr sichere Beherrschung des höchsten Registers. Außer Flatterzunge und Slaptongue sowie einfachen Glissandi sind keine anderen erweiterten Spieltechniken nötig. Heucke hat den Solopart ursprünglich für das Böhm-System ausgearbeitet und dem Klavierauszug eine Ossia-Fassung für das deutsche System beigefügt, die eine eingeschränktere Nutzung der allerhöchsten Lage zeigt, damit aber auch einige Effekte ohne spieltechnische Notwendigkeit aufgibt.
Heucke weiß um die musikalischen Effekte und setzt sie in seinem abwechslungsreichen und von Spielfreude bestimmten Werk entsprechend ein. Seine Tonsprache huldigt nicht der Komplexität. Die rhythmischen Verläufe beruhen zumeist auf einfachen Grundmustern und die melodischen Elemente sind leicht erfassbar. Auch die Harmonik trägt dazu bei, dass ein nur an gemäßigt moderne Musik gewöhntes Publikum nicht verschreckt wird.
Heribert Haase