Cebic, Dario

Kompositionen des 21. Jahrhunderts

Reihe "Berichte aus der Musikwissenschaft", Partitur, mit CD

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Shaker, Aachen 2015
erschienen in: das Orchester 07-08/2015 , Seite 68

Die Verlagsankündigung irritiert womöglich: Wer eine wissenschaftliche Monografie von Dario Cebic über Musik des 21. Jahrhunderts erwartet, wie es das Publikationsprofil von Shaker nahelegt, muss sich gedulden: Erst in Kürze wird der kroatische Komponist ein solches Buch vorlegen – als dritte Veröffentlichung. Die erste war seine umfangreiche Promotionsschrift von 2012 an der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz: Die Entwicklung des Tamburizzaspiels in Kroatien und Österreich.
Der nun vorliegende Band mit den Sinfonien 1 (Mystische) und 2 (Verdunkelung) für Orchester, mit Obsession für Kammerensemble und Dunkelheit für Streichorchester, mit Cassandra sings für Klarinette und Klavier und den Klavierstücken For her smile, Nachtklänge und Leave und dazu eine CD mit dem Sextett für Flöte, Klarinette, Violine, Violoncello, Schlagzeug und Klavier, mit Obsession sowie mit dem Concerto und den Stücken For her smile, Dreams und Leave für Piano solo präsentiert mit Musik aus den Jahren 2006 bis 2014 das Porträt eines Komponisten, dessen Produktivität, Vielseitigkeit und Originalität imponieren.
Geboren wurde Dario Cebic Anfang der 1980er Jahre in Zagreb. Bereits als Kind erhielt er eine umfangreiche Ausbildung (Klavier, Kontrabass, Musiktheorie und Komposition), die er an der Universität Graz (Musikwissenschaft, Musikpädagogik, Dirigieren) und an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien weitergeführt hat. Heute unterrichtet er selbst am Wiener Konservatorium Franz Schubert. Seine mehr als hundert Werke sind in über 60 Ländern Amerikas, Asiens und Europas zu hören, auf CD erschienen und haben zahlreiche internationale Preise gewonnen (in Wien, in Zagreb und mehrmals als Artist of the Year der International Art Society & Academy, zuletzt 2015).
Mit kleinen Klavierstücken hat Cebic schon als Musikschüler seinen Hang zu Poesie und musikalischem Erzählen gezeigt. Wesentliche Anregungen für sein Komponieren fand er vor allem bei Beethoven und Rachmaninow, Stockhausen und seinem Lehrer Michael Obst: Energie und Emotion, Spiritualität und kreatives Strukturdenken. Doch solche Einflüsse führen – wie Folklore oder Spektralklänge, Mikrointervalle oder Naturgeräusche auch – nicht zum „postmodernen“ Nebeneinander von Zitaten und Stilen, sondern sie verschmelzen zu einem „Ineinander der Zeiten“, so der Komponist Wolfgang-Andreas Schultz, das Cebic individuelle Ausdrucks- und Erzählweisen ebenso gestattet wie ein luzides Spiel mit Tönen und Flächen und das Erschließen neuartiger Klangräume.
Und so verwundert es nicht, wenn er den zehn Sinfonien und vier Kammersinfonien eine besondere Bedeutung in seinem Schaffen zumisst: Sie ermöglichen ihm eine Vielzahl dramatischer Momente, thematischer Entwicklungen und Klangfarben, wobei das Klavier als Solo-Instrument eine herausragende Rolle einnimmt. Die „Zehnte“ (2014) trägt den Titel Der Ursprung des Universums – und spielt wohl darauf an, dass für Cebic jedes Werk ein Schöpfungsakt im Klang-Kosmos darstellt.
Eberhard Kneipel