Heister, Hanns-Werner /Walter-Wolfgang Sparrer (Hg.)
Komponisten der Gegenwart
44. bis 46. Nachlieferung
Ein Tusch sollte an dieser Stelle erklingen der geneigte Leser kann sich seine schmetternden Klänge hoffentlich vorstellen. Die Jubelfanfare gebührt dem Loseblattlexikon Komponisten der Gegenwart, dessen erste Lieferung im September 1992 erschien und das nun stolz auf seinen zwanzigsten Geburtstag zurückblicken kann. Was einst bescheiden begann, ist unter der Herausgeberschaft von Hanns-Werner Heister und Walter-Wolfgang Sparrer dank zwei- oder dreimaliger jährlicher Nachlieferungen auf ein acht Ordner umfassendes Werk angewachsen, in welchem etwa 850 Komponisten des 20. und 21. Jahrhunderts zumindest mit zweiseitigen “Grundblättern” zu Biografie und Werk dokumentiert sind. Über 200 von ihnen sind inzwischen durch zahlreiche kompetente Spezialisten zusätzlich ausführlicher gewürdigt worden: mit konkurrenzlos umfangreichen Künstlerporträts inklusive Werkverzeichnissen, Notenbeispielen, Bibliografien und Diskografien.
Die drei zuletzt erschienenen Nachlieferungen Nr. 44 bis 46 bestätigen wieder, mit welch umfassendem Anspruch ohne jede regionale oder ästhetische Begrenzung hier die Musik der Gegenwart und jüngeren Vergangenheit erfasst wird. In pluralistischer Offenheit werden traditionsverhaftete Komponisten ebenso wie ausgesprochene Experimentatoren erfasst. Da steht dann etwa der evangelischer Kirchenmusikpraxis zuzurechnende Helmut Bornefeld neben dem der einst der Fluxus-Bewegung nahe stehenden US-Amerikaner Philip Corner. Neu ist, dass sich in einigen Fällen (Erhard Grosskopf, Georg Hajdu, Caspar Johannes Walter) bereits dem Grundblatt Werkverzeichnis und bibliografische Angaben anschließen.
Unter den ausführlicher geschilderten Komponisten finden sich diesmal der Ukrainer Valentin Silvestrov mit seiner philosophisch inspirierten Idee einer Metamusik, der so proteushaft die Schreibweisen und Stile wechselnde Ernst Krenek, der vom Spektralismus beeinflusste Tristan Murail und der US-Amerikaner George Antheil, der sich gern zum aufmüpfigen bad boy of music stilisierte, aber dann dem Neoklassizismus zuwandte und vor allem Filmmusiken schuf. Was Hans Werner Henze betrifft, so sorgt ein umfangreicher Blattaustausch für eine interne Erweiterung und Aktualisierung seines Künstlerporträts; ganz neu ist in diesem Rahmen eine Darstellung seiner Kammermusik.
Mit Sicherheit stellt sich heute gegenüber den Anfängen von 1992 verschärft die Frage, wie die Komponisten der Gegenwart in ihrer Erscheinungsform die Balance zwischen Gutenberg- und Internet-Zeitalter finden sollen. Gerne möchte der Interessierte manches nicht nur auf einen Blick, sondern lieber noch auf einen Klick erfahren und vor allem Personen- und Begriffssuche im Datenbestand betreiben. Ergänzend zur Loseblatt-Version gibt es hierfür inzwischen im Internet unter www.nachschlage.net die Möglichkeit, die Inhalte der Komponisten der Gegenwart stichwortmäßig zu durchforschen und auch, per Abonnement, Zugang zum Volltext der Komponisten der Gegenwart zu erhalten.
Gerhard Dietel