Ute Grundmann

Komplette Umstellung

Alexander John ist in Meiningen Orchesterdirektor und Konzertdramaturg

Rubrik: Über die Schulter
erschienen in: das Orchester 03/2023 , Seite 18

„Ein Orchester ist ein fragiles Gebilde, ein Organismus aus 60 Musiker-Menschen.“ Dieses sensible Ensemble begleitet und steuert Alexander John am Staatstheater Meiningen in doppelter Funktion: Er ist Orchesterdirektor der Hofkapelle und zugleich Konzertdramaturg. Für ihn „ergänzen sich beide Bereiche wirklich“. Da ist die Administration: die Planung von Spielzeit und Programm gemeinsam mit dem GMD, aber auch Stellen- und Zeitpläne, das Herbeiholen von Aushilfen und „Einspringern“. Für eine Vorstellung von Katja Kabanova hat er mal einen Solo-Bratschisten aus Brünn nach Meiningen geholt, „da helfen persönliche Kontakte“. Nicht zuletzt achtet er auf Übersicht und Aufstellung der Kosten. Aber auch dabei geht es immer darum, „dass da Menschen auf der Bühne stehen“.
Und denen, den Musikern, muss Alexander John zwar auch Anordnungen, Festlegungen, Ansagen geben, aber auch zuhören und Verständnis haben. „Und das geht natürlich einfacher, wenn man weiß, wovon man spricht und wie man mit den Menschen umgeht.“ Schließlich hat er von den 33 Jahren, die er nun „am Haus“ ist, 28 Jahre im Orchester verbracht, als Solo-Fagottist. Als das gesundheitlich nicht mehr ging, war das nicht einfach – aber es gab die Chance, der erste hauptamtliche Verwaltungschef dieses Orchesters zu werden.
Diese „komplette Umstellung“ hat er gemeistert und seinen Weg gefunden: „Freundlich, auch mal direkt und bestimmt, so kommt man immer zu einem guten Ziel.“ Zwar geschieht vieles „im Verborgenen, im Kämmerlein“, aber „ich bin bei den meisten Proben und Vorstellungen dabei, zumindest zu Beginn“. So sieht, hört und nimmt er teil, weiß, was los ist und was geregelt werden muss.
Auch als Konzertdramaturg arbeitet Alexander John oft im „Kämmerlein“, spinnt für seine Programme gerne einen roten Faden, schaut, welche Werke auch thematisch gut zueinander passen. Auf keinen Fall soll beliebig sein, was das Publikum dann in den Sinfoniekonzerten zu hören bekommt. Und er schaut und hört sich auch in den Konzerten der Region um, immer mit der Frage: „Könnte man das auch in Meiningen machen?“
Sind die Programme dann geplant und geprobt, geht es auch für John vors Publikum. Denn er macht sehr gerne die Konzerteinführungen, gerade auch für Kinder und Jugendliche, im Dampflokwerk. Zwar will er ohnehin keinen musikwissenschaftlichen Vortrag halten, aber „bloß ein Erzähler vor dem Orchester, das reicht heute nicht mehr“. Hör- und Sehgewohnheiten haben sich schließlich verändert, deshalb will er „einstimmen, den Nerv treffen, immer eine Geschichte erzählen“. Die kann von einem Instrument handeln, aber auch davon, wie gerade dieses Programm entstanden, wer Dirigent oder Solist ist.
Hörten früher bis zu 30 Menschen zu, sind es heute schon mal 100 – im Foyer. Und so kann Alexander John auch nach so vielen Jahren am Staatstheater Meiningen sagen: „Morgens weiß ich noch nicht, was mich erwartet, abends weiß ich es.“