Ostermeier, Bettina / Günter Voit
Klezmer
für Klarinette und Klavier
 	Die Vitalität und das weite Ausdrucksspektrum sind einige musika-
 	lische Merkmale des Klezmer, der traditionellen Instrumentalmusik der
 	osteuropäischen Juden, die zu dem gestiegenen Interesse an diesem Genre führen. Diese Eigenschaften, die von der Klarinette in idealer Weise verkörpert werden, verlangen zunächst kein besonderes instrumentaltechnisches Können, sodass diese Musik im Instrumentalunterricht selbstmotivierend zum Einsatz kommen kann.
 	Die vorliegende Sammlung, herausgegeben von den in Nürnberg tätigen Musikern Bettina Ostermeier, Leiterin der Schauspielmusik am Staatstheater, und Günter Voit, Dozent für Klarinette an der Hochschule für Musik, greift auf einige sehr bekannte Titel zurück. Da gibt es die traditionelle Hochzeitsmusik Mazl Tov und dazu passend den schnell getanzten Bulgar aus Odessa, Odessa Bulgarish. Im Kontrast hierzu steht das ruhige Shalom Aleichem.
 	Eine eher verhaltene Freude spricht sich in einer chassidischen Melodie aus, die den sprachlich  uneinheitlichen Titel The Happy Nigun trägt. Chava, ein Lied für ein geliebtes Mädchen, überrascht mit einer Stelle im Habanera-Rhythmus und einem dagegengesetzten 3/3/2-Achtel-Begleitrhythmus. Im jüdischen Festkalender gibt es die Sündenbefreiung zu Beginn eines neuen Jahres, zu der Fun Tashlik musiziert wird. Das Warten auf die Erlösung kommt in Zol Shoyhn Kumen Die Gule zum Ausdruck, das mit einem schwermütigen rezitativischen Anfangsteil beginnt, auf den dann ein kurzer beschleunigter, optimistischer zweiter Teil folgt. Instrumentales Denken und etwas gesteigerte spieltechnische Anforderungen zeigen sich im Tants Istanbul.
 	Alle Arrangements stehen für die Klarinette in Tonarten bis zu zwei Vorzeichen. Die meisten Stücke beschränken sich auf den Tonraum bis zum c³. Um Abwechslung bei Wiederholungen zu erzielen, können Teile ad libitum oktaviert werden, sodass Spitzentöne im Bereich der dritten Oktavlage erreicht werden. Der Klavierpart ist überwiegend akkordisch gesetzt und zusätzlich mit Akkordbezeichnungen versehen. Stilistisch etwas fragwürdig sind einige rhythmische Begleitfiguren.
 	Im Vorwort zu dieser Sammlung gibt es einige allgemeine Hinweise zur Ausgestaltung der Stücke, um den richtigen Klezmer-Tonfall zu realisieren. In der Klarinettenstimme selbst sind vereinzelt einige Ausführungsvorschläge notiert. Die intensive Beschäftigung mit dem Klezmer-Stil macht dann die zunächst leicht spielbar erscheinende Musik doch zu einer echten Herausforderung. Sie führt zugleich zu einer Erweiterung der spieltechnischen Möglichkeiten und zum Gewinn interpretatorischer Freiheit: eine lohnende Aufgabe für Klarinettenschüler ab der Mittelstufe.
 	Leider vermisst der Wissensdurstige Anmerkungen, die den Hintergrund der einzelnen Stücke erhellen.
 	Heribert Haase


            
            
            