Hermann Goetz/Hans Huber
Klaviertrios
Trio Fontane
Als musikalische Jahresgaben veröffentlicht die Zentralbibliothek Zürich zum 2. Januar, dem Bächtelistag, seit 2005 sogenannte „Neujahrsstücke“: eine wieder aufgenommene Tradition, die bis ins 17. Jahrhundert zurückreicht. Die Neujahrsstücke sind heute Werke Schweizer Komponisten, deren Autografe oder Abschriften im Archiv der Sammlung der Musikabteilung der Bibliothek schlummerten, einem der wichtigsten Aufbewahrungsorte schweizerischer Musikhandschriften der vergangenen 200 Jahre. Sie werden zu diesem Anlass aufgeführt und auf CD gepresst. In diesem Jahr leistet das Zürcher Trio Fontane die verdienstvolle Arbeit, je ein Trio der Brahms-Zeitgenossen Hermann Goetz und Hans Huber geradezu mustergültig zu interpretieren und für eine Aufnahme ins übliche Repertoire zu empfehlen. Und beim Hören wundert man sich fortgesetzt, dass man diese anmutige, ganz und gar nicht profillose oder epigonale, ja wahrlich originelle Musik noch nie zu Ohr bekommen hat. Beginnen wir mit Hans Huber, dessen Klaviertrio in Es-Dur 1880 als sein Opus 20 auf die Welt kam, in Basel, der Wahlheimat des 1852 bei Solothurn geborenen Pianisten und Komponisten, der bis zu seinem Tod 1921 als wichtige Persönlichkeit im Musikleben der Grenzstadt am Rhein galt. Der am Leipziger Konservatorium Ausgebildete widmete das konservativ viersätzige Werk „seinen lieben Eltern“ und hatte einigen Erfolg mit dem Stück, das aber alsbald in den Schubladen des Verlags Breitkopf & Härtel verschwand. Der Klaviersatz ist ziemlich anspruchsvoll, die Arbeit der beiden Streicher voll dankbarer Kantilenen, warm, herzvoll im Ton, nicht ohne technische Herausforderungen. Das Finale „Sehr schnell“ ist furios. Von gänzlich anderem Charakter, aber ebenfalls im besten Sinne romantisch, präsentiert sich das Opus 1 von Hermann Goetz, einem 1840 im ostpreußischen Königsberg geborenen Musiker, der früh an Tuberkulose erkrankte und in Winterthur – in der Hoffnung, das schweizerische Klima wirke sich günstig auf den Verlauf seiner Krankheit aus – daselbst mit 23 an der Stadtkirche die Organistenstelle annahm. Der seinem Mentor Hans von Bülow gewidmete Trio-Erstling steht in g-Moll und birst ganz mitreißend von Schwermut. Der Schmerz des Heimwehs war doch sehr bedeutend im Leben des jungen, damals 25-jährigen Mannes, der drei Jahres später heiratete, als freischaffender Pianist nach Zürich übersiedelte und dort bereits 36-jährig verstarb. Beide Ecksätze des Trios beginnen mit einer langsamen Einleitung, der „feurig“ und „sehr feurig“ betitelte Teile folgen. Der „sehr ruhig“ betitelte zweite Satz zeigt einen ungemein kantablen Ton, der an Mendelssohn und Schumann erinnern mag, das Scherzo flattert spukhaft elfengleich daher. Beide Kompositionen sind beim Trio Fontane, das seit seiner Gründung 2002 aus Andrea Wiesli (Klavier), Noëlle Grüebler (Violine) und Jonas Kreienbühl (Cello) besteht, in besten Händen und Herzen. Schön, dass derartige Projekte möglich, auch in dieser hohen Qualität möglich sind.
Armin Kaumanns