Gabriel Fauré
Klaviertrio d-Moll
op. 120, hg. von Fabian Kolb, Fingersatz der Klavierstimme von Klaus Schilde, Partitur und Stimmen
Wie gut, dass man den meisten Werken ihre Entstehungsumstände nicht anhört, dass Akkorde und Melodielinien kaum je etwas über die Mühen der Komposition, den Kampf um Inspiration und die richtige Form verraten. Zum Glück ist beim Hören der Musik nicht zu erkennen, ob das Stück in einem kurzen Schaffensrausch entstanden oder in vielen Tagen und Monaten der Erfahrung zahlreicher Musikerjahre abgetrotzt wurde.
Gabriel Fauré, das unbestrittenen Zentrum der klassischen französischen Kammermusik, vereint in seinem Werkkatalog viele Kompositionen, die unakademisch frisch und doch zugleich durchdacht konstruiert erscheinen; Stücke, deren Melodien scheinbar frei fließen und doch einer wohlgesetzten musikalischen Architektur gehorchen.
Frische Inspiration und eine makellose Technik strahlt auch das Klaviertrio op. 120 aus, das gleichwohl nicht ohne große Anstrengung entstanden zu sein scheint und Tage, wenn nicht Wochen ohne kompositorischen Fortschritt gesehen hat. Als sein vorletztes Werk mögen die drei Sätze einer großen Kraftanstrengung entstammen anhören hingegen kann man Faurés Trio nichts von alledem. Wie seine gesamte Kammermusik zuvor ist hier alles von größter Eleganz, Leichtigkeit, Makellosigkeit und Prägnanz geprägt.
Nur jeweils ein oder zwei Werke hat Gabriel Fauré einzelnen Gattungen oder Besetzungen gewidmet, und interessanterweise ist dieses späte Klaviertrio auch gleichzeitig sein erster Beitrag für diese klassische Kammermusikformation. Als ein Alterswerk vermag es noch einmal, das beeindruckende Gestalten Faurés mit Melodielinien und feinen instrumentalen Kontrasten aufzuzeigen. Virtuoser Wettstreit der Instrumente oder andere auf äußere Wirkung bedachte Effekte fehlen völlig. Das d-Moll-Trio weist hinsichtlich der technischen Anforderungen eine geradezu verblüffende Selbstbeschränkung auf, die die gesamte Aufmerksamkeit auf das gemeinsame Singen der drei Instrumente fokussiert.
Ganz sicher ist es kein Zufall, dass Gabriel Fauré zu Beginn des Kompositionsprozesses wohl daran gedacht hatte, eine Klarinette statt der dann gewählten Violine einzusetzen. Die fein geschwungenen Linien der Diskantstimme in allen drei Sätze hätten einem Blasinstrument perfekt entsprochen. Und doch findet dieses formvollendete Werk dann zu einer der zentralsten Besetzungen, die in den zweihundert Jahren vor der Entstehung dieses Opus 120 eine beeindruckende Spur in der Musikgeschichte hinterlassen hat. Fauré ist sich dieses Erbes ganz sicher bewusst, seinem Stück hingegen hört man das zum Glück nicht an.
Daniel Knödler