Johannes Brahms
Klavierkonzerte Nr. 1 d-Moll und Nr. 2 B-Dur
Yefim Bronfman (Klavier), Münchner Philharmoniker, Ltg. Zubin Mehta
Dieses Album dokumentiert das Zusammentreffen zweier Klassikstars: Der damals 87-jährige Dirigent Zubin Mehta und der 65-jährige Pianist Yefim Bronfman kamen Anfang des Jahres 2024 zusammen, um beide Brahms-Klavierkonzerte mit den Münchner Philharmonikern aufzuführen und aufzunehmen. Auf dem Tonträger- und Streamingmarkt konkurriert das nun als Doppel-CD und Doppel-LP erschienene Album allerdings mit vielen Referenzeinspielungen. In den 80er-Jahren erarbeiteten etwa Krystian Zimerman und Leonard Bernstein mit den Wiener Philharmonikern eine superbe Sicht auf die Werke. Sie und viele andere setzten die Messlatte die hier vorgestellte Interpretation ziemlich hoch.
Mehtas Karriere ist eng mit den Brahms-Konzerten verbunden. Er dirigierte sie immer wieder und hinterließ berühmte Aufnahmen: 1976 verewigte er das erste mit Arthur Rubinstein und den Israel Philharmonic für Decca. 2015 legte er bei Sony mit Rudolf Buchbinder und den Wiener Philharmonikern eine gelungene Gesamtaufnahme beider Klavierkonzerte vor.
An deren Niveau reicht die Neuinterpretation mit Bronfman und den Münchner Philharmonikern beileibe nicht ran. Das Orchester spielt zu wenig artikuliert und die Tempi sind eher breit. Der kompakte Klang entfaltet kaum Transparenz. Zudem unterstützt die dumpfe Aufnahmetechnik das wenig brillante Klangbild. So enttäuscht bereits der Kopfsatz des ersten Klavierkonzerts. Er entfaltet einfach nicht die Weiträumigkeit vieler anderer Interpretationen. Als Vergleich höre man etwa die alte DG-Aufnahme von Eugen Jochum und Emil Gilels mit den Berliner Philharmonikern.
Bronfman tat sich mit der Aufnahme keinen Gefallen. Zwar blitzt im Finale des ersten Konzerts seine durchaus nuancierte Klavierkunst auf. Doch richtig spannend spielt er seinen Part nicht. Zudem fehlt ihm ein wirklich mitgestaltendes Orchester. Das hatte er etwa auf seiner DVD-Gesamtaufnahme beider Konzerte mit dem Cleveland Orchestra unter Franz Welser-Möst.
Auch das zweite Klavierkonzert ist kein großer Wurf. Lyrische und dramatische Passagen hätten auf Basis der eher gemäßigten Tempi wirkungsvoller ausbalanciert werden müssen. Zudem sollte Brahms’ Musik balladesk erzählt werden. Doch der Aufnahme fehlt einfach jede Rhetorik, Energie und Stringenz, um pianistisch und orchestral zu überzeugen.
So bleibt der Eindruck blass. Gegenüber vielen gelungenen Einspielungen fällt diese Neuaufnahme deutlich ab. Daher fragt man sich: Welche Absicht steckte hinter der Veröffentlichung? Vermutlich sollte das Münchner Gipfeltreffen zweier Klassikstars einfach nur verewigt werden – völlig unabhängig davon, ob diese Brahms-Interpretation auch audiophil überzeugt. Als Marketing-Produkt für Fans der Münchner Philharmoniker funktioniert die Platte vielleicht. Für mehr reicht es nicht.
Matthias Corvin