Bach, Johann Sebastian
Klavierkonzerte BWV 1052-1058
Yorck Kronenberg (Klavier), Zürcher Kammerorchester
Bachs Klavierkonzerte, bekanntlich Bearbeitungen nach anders besetzten Konzertvorlagen, haben die Gattung entscheidend auf den Weg gebracht. Das Ergebnis der Bearbeitung ist in jedem Fall Gebrauchs- und Spielmusik im besten Sinne. Der Pianist Yorck Kronenberg und das ihm zur Seite stehende Zürcher Kammerorchester gehen die Werke denn auch erkennbar von der luziden Seite her an und agieren im Ganzen erfrischend unorthodox.
Kronenberg bevorzugt den modernen Bösendorfer-Konzertflügel, der perfekt auf den leichten und stets durchsichtigen Sound des Orchesters abgestimmt ist und so auch in den schnellen Sätzen Klangnuancen möglich macht, die dem Cembalo in aller Regel verschlossen bleiben. Im F-Dur-Konzert BWV 1057 mit den zwei Blockflöten greift der Künstler freilich aufs Cembalo zurück, was den intimen Triosonaten-Charakter des Werks wunderbar dezent hervorhebt. Es wird also klug von Werk zu Werk entschieden und innerhalb der einzelnen Werke einheitsstiftend und zusammenhängend agiert. Daraus ergibt sich, dass die langsamen Sätze nicht so ausladend zelebriert werden wie etwa in der immer noch hörenswerten Einspielung der Konzerte mit Andrei Gawrilow von Anfang der 1980er Jahre.
Wer mit diesen Aufnahmen großgeworden ist, muss hier ein wenig umhören, aber Kronenberg und sein Ensemble bürsten die Werke keineswegs gegen den Strich im Gegenteil: Der Vergleich macht deutlich, dass es vielmehr Gawrilow war, der die Werke bis zum Anschlag ausgekostet hat, ohne sie freilich zu beschädigen. Die Spannbreite der interpretatorischen Möglichkeiten verrät bekanntlich immer auch etwas über die kompositorische Substanz des Werks selbst, und so kann sich der Hörer hier wie dort einfach mit Genuss der wunderbaren Musik hingeben.
Kronenberg und sein Orchester überzeugen jedenfalls nicht nur durch die wunderbar feine Klangbalance, sondern in gleicher Weise durch die sorgfältige dynamische Nuancierung, die perfekte Ausformung der einzelnen Phrasen und durch die stilistische Sicherheit, mit der durchweg agiert wird. Und wieder sind es die langsamen Sätze vor allem der Konzerte in E-Dur, D-Dur, f-Moll aber auch g-Moll (Schluss!) , die den Hörer ganz besonders in ihren Bann ziehen: wunderbare, ergreifende Musik, interpretiert von Künstlern, die um diesen Schatz wissen und mit entsprechender Klugheit und Umsicht agieren. Das Ergebnis ist großartig; die Einspielung kann zweifellos Referenzcharakter für sich beanspruchen. Auch Aufmachung und Textbeigabe lassen keine Wünsche offen.
Man ist froh und dankbar, dass sich in Zeiten weltweit überall verfügbarer Musik über alle möglichen Internetplattformen noch solche von Kunstverstand und Verantwortung geprägten Projekte realisieren lassen. Kronenbergs Einspielungen werden den Rezensenten noch lange begleiten.
Ulrich Bartels