Ditters von Dittersdorf, Carl

Klavierkonzerte A-Dur und B-Dur

Rubrik: CDs
Verlag/Label: classical excellence ECD 0910
erschienen in: das Orchester 03/2011 , Seite 67

Carl Ditters von Dittersdorf gehört zu jenen Komponisten des ausgehenden 18. Jahrhunderts, die durch den sich rasch vollziehenden radikalen Stilwandel jener Zeit ins Abseits der Geschichte gerieten. 1739 in der Nähe von Wien geboren, waren seine ersten Jahrzehnte von anhaltendem Glück und künstlerischer Anerkennung gekennzeichnet: Als Virtuose auf der Violine machte er von sich reden, als Komponist wurde er allseits geschätzt. Nur: eine Anstellung an einem großen Hof oder in der Nähe eines europäischen Zentrums wollte sich nicht ergeben. Nach schöpferisch ertragreichen Jahren in Großwardein (Ungarn) kam Dittersdorf 1769 nach Breslau. Hier machte ihn eine Verbeamtung finanziell unabhängig – bis Neid und Missgunst ihn von seinem Posten drängten und auch die Pensionsansprüche verfielen. Er starb krank und verarmt 1799. Ein anrührendes Bild dieses persönlichen Elends geben die letzten Seiten der posthum erschienenen, noch immer lesenswerten Autobiografie. Musikalisch war Dittersdorf zu diesem Zeitpunkt offenbar schon ein Toter: Seine letzten Kompositionen hatte er „in der neuen musikalischen Leipziger Zeitung angekündigt; aber – mein Gott! – bis jetzt hat sich noch kein Abnehmer eines einzigen Stückes gefunden“.
Aus besseren Zeiten stammen die beiden Klavierkonzerte, die Christiane Klonz mit den Thüringer Symphonikern unter Oliver Weder eingespielt hat, und von denen zumindest das in A-Dur (1779) in einer Bearbeitung als Harfenkonzert im Repertoire überlebt hat; das etwas repräsentativer wirkende Konzert in B-Dur stammt von 1773. Stilistisch befinden sich die Kompositionen ganz auf der Höhe ihrer Zeit: im frühklassischen Ton gefälliger Heiterkeit mit herrlichen Moll-Eintrübungen. Etwas von dem Geist dieser Musik ist auch in der vorliegenden Interpretationen zu spüren – freilich mit der Einschränkung, dass die Werke (selbst bei einer noch so differenzierten solistischen Behandlung) für einen modernen Steinway-D-Flü­gel nicht gemacht sind und sich die vielen feinen Schattierungen der musikalischen Substanz nicht vollständig realisieren lassen (dies gilt auch für Haydns Sonate F-Dur Hob. XVI:23, die hier quasi als Zugabe erklingt); zudem stehen die von Christiane Klonz stammenden Kadenzen schon unter dem späteren Einfluss Beethovens.
Das historisch uninformierte Spiel der Thüringer Symphoniker (die Werke werden nur von den Streichern begleitet, lediglich im langsamen Satz des B-Dur-Konzerts treten Flöten und Hörner hinzu) hinterlässt einen etwas kantigen, aber ordentlichen Eindruck; gleichwohl hat man eine gute Chance zur Ehrenrettung Dittersdorfs vertan. Aufgenommen wurden die Werke in der Kapelle des Residenzschlosses Saalfeld. Nach den Book­let-Fotos zu urteilen ist der wunderschön restaurierte Kirchenraum einen Abstecher wert!
Michael Kube