Ignacy Jan Paderewski - Frédéric Chopin
Klavierkonzert in a‑Moll op. 17 — Klavierkonzert in e‑Moll op. 11
Claire Huangci (Klavier), Deutsche Radio Philharmonie Saarbrücken Kaiserslautern, Ltg. Shiyeon Sung
Mit dem Klavierkonzert des Polen Ignazy Jan Paderewski ist es eine Krux. Auf CDs ist es relativ gut dokumentiert, während es im Musikleben fast überhaupt keine Rolle spielt. Zu den für eine Rarität relativ vielen Aufnahmen kommt jetzt noch eine weitere gute hinzu. Sie stammt von der jungen amerikanischen Pianistin Claire Huangci, die 2018 den Concours Géza Anda in Zürich gewann. Sie ist eine hervorragende Künstlerin mit enormem technischen Rüstzeug, fein-perlenden Läufen und musikalischer Sensibilität.
Das wirkungsvoll für das Klavier komponierte und gut instrumentierte Werk interpretiert sie mit der südkoreanischen Dirigentin Shiyeon Sung am Pult der Deutschen Radio Philharmonie Saarbrücken Kaiserslautern. Diese Einspielung macht Freude, da auch die vielen von Paderewski der Partitur eingebundenen Soli für die erste Violine oder Holzbläser rundum gelungen sind. Auch verströmt die Musik im zweiten langsamen Satz (der zauberhaften „Romanze“) einen großen Atem mit geradezu blühenden Momenten.
Wieso das 1888 vollendete Werk fast nie live gespielt wird, ist nicht erklärbar. Es bringt alles mit, was ein großes romantisches Klavierkonzert ausmacht und ist darüber hinaus sehr dankbar für das Orchester.
Als Herausgeber und Interpret der Werke seines Landsmanns Frédéric Chopin wurde Paderewski bekannt. Daher ist die Kombination mit Chopins e‑Moll-Klavierkonzert
op. 11 natürlich schlüssig. Sinnvoller wäre allerdings die Koppelung mit Paderewskis Fantasie polonaise sur des thèmes originaux für Klavier und Orchester gewesen – wie es 1971 der US-amerikanische Pianist und Paderewski-Entdecker Earl Wild auf einer berühmten LP gemacht hat.
Doch man will diese von Berlin Classics produzierte Silberscheibe natürlich auch verkaufen. Und da zieht Chopin mehr als Paderewski. Gerade beim Chopin-Konzert ist die Konkurrenz so hervorragend, dass Claire Huangci hier gegen die von Arrau, Rubinstein, Pollini, Kissin, Zimmerman und vielen, vielen anderen aufgestellten Windmühlen kämpft.
Immerhin: Ihre Interpretation ist gelungen und souverän, auch mal poetisch, die Rubati sind nie zerdehnt (Höhepunkt ist auch hier der langsame Satz). Andererseits: Viel in den Ecksätzen wirkt allzu routiniert – saust an den Ohren ohne großen Aha-Effekt vorbei.
Langfristig dürfte diese auf CD fixierte Lesart besonders ihre Fans und Freunde der Deutschen Radio Philharmonie Saarbrücken Kaiserslautern begeistern. Eine reine Paderewski-CD – vielleicht mit weiteren Solo-Klavierwerken oder der erwähnten Fantasie für Klavier und Orchester – wäre editorisch lohnender gewesen. So entsteht eine Aufnahme, die wieder mal einen Kompromiss eingeht und nicht gänzlich durchdacht scheint.
Matthias Corvin