Louis Spohr
Klarinettenkonzert Nr. 2 Es-Dur op. 57
hg. Ullrich Scheideler, Klavierauszug von Christoph Sobanski
Louis Spohr hatte nur einen Interpreten, der die zu bewältigenden technischen Schwierigkeiten seines zweiten Klarinettenkonzerts op. 57 bewältigen konnte: den beim Fürsten von Sondershausen als Direktor der Harmoniemusik angestellten Johann Simon Hermstedt. Diesem hatte er bereits sein erstes Konzert gewidmet und ihm 1809 die Komposition des zweiten versprochen. Es wurde 1810 beim Musikfest in Frankenhausen in Thüringen, dessen Leitung Spohr übernommen hatte, aus der Taufe gehoben.
In dem instruktiven Vorwort der von dem Berliner Musikwissenschaftler Ullrich Scheideler betreuten Urtext-Ausgabe erfährt man, dass die Uraufführung ein großer Erfolg war, nicht nur für den Solisten, sondern auch für den Komponisten, da dieser dem Orchesterpart einen gebührenden Anteil am musikalischen Geschehen zuwies. Selbst die Pauke spielt dabei im Schlusssatz „Rondo alla Polacca“ motivisch eine Rolle – Beethovens Violinkonzert dürfte Spohr nicht unbekannt gewesen sein.
Da Hermstedt einen „Exklusivvertrag“ mit Spohr hatte, war eine Verbreitung des Konzerts im Druck erst möglich, nachdem Spohr ein weiteres Konzert geschrieben hatte. Nach zehn Jahren entstand Nr. 3 und Nr. 2 gelangte erst in die Hände des Peters-Verlags, nachdem Spohr, um eine größere Verbreitung bei dem hohen Anspruch seines Werks zu ermöglichen, einige Vereinfachungen vorgenommen hatte. Er richtete besonders im 1. Satz zahlreiche Ossia-Stellen ein.
Die Stimmen des Erstdrucks von 1822 sind alleine maßgebend für die Erstellung des Urtextes, da weder eine Stichvorlage noch eine autografe Partitur Spohrs existieren. Eine nicht exakt datierbare Abschrift der Partitur mit Eintragungen und Nachträgen kann nur als Nebenquelle dienen, da sie erst im späten 19. Jahrhundert als Dirigierpartitur für Wiener Aufführungen entstanden sein könnte, wie der Herausgeber vermutet. Darüber hinaus gibt es online in der Petrucci Music Library eine Partitur, die von dem englischen Klarinettisten Henry Lazarus ca. 1833 angefertigt worden sein soll.* Hier finden sich ergänzende dynamische Angaben.
Die Anmerkungen zur Edition betreffen überwiegend die Bogensetzung und Artikulation, die zumeist angeglichen werden. Dies fehlt aber im 1. Satz in der Klarinette bei der Parallelstelle Takt 125–130 bzw. Takt 291–296, wo die Anbindung an die Triole in Takt 125/126 fehlt. Korrigiert werden müsste der Rhythmus in Takt 295 Zählzeit 3, da die Punktierung analog in Takt 128 vorhanden ist. Im 3. Satz erscheint das Kopfmotiv in Takt 234 unkommentiert ohne Bogen. Hier wäre die Übernahme der veränderten Artikulation aus der 1. Violine (Takt 230) denkbar.
Der Klavierauszug ist erfreulich übersichtlich angelegt und enthält zahlreiche Angaben zur Instrumentierung. Zu dieser Urtext-Koproduktion von Henle und Breitkopf & Härtel ist auch das Orchestermaterial und eine Studien- sowie Dirigierpartitur erhältlich.
Heribert Haase
* www.imslp.org/wiki/Clarinet_Concerto_No.2,_Op.57_(Spohr,_Louis)