Bad-Reichenhaller Philharmoniker e.V. (Hg.)

Klangwolke über Südostbayern

Eine bewegte Orchestergeschichte in Episoden

Rubrik: Bücher
erschienen in: das Orchester 09/2018 , Seite 68

„Musikalische Lebensfreude“ kommt mir beim Durchblättern des liebevoll gestalteten Bildbandes über das einst vom Saison- zum Kur­orchester avancierte Orchester, das sich Bad Reichenhaller Philharmoniker nennt, in den Sinn. 1868 mach­te sich der Königlich Preußische Musikdirektor und Komponist Josef Gung’l zur Aufgabe, „etwas Hervorragendes zu leisten“, indem er mit 18 professionellen Musikern das Orchester gründete, das noch im selben Jahr in die erste Sommersaison startete. Durch zwei Weltkriege hat es sich gekämpft, dieses Ensemble, das sich nach und nach zu sinfonischer Größe entwickelte.
Heute zählt es etwa 40 Mitglieder und feiert Erfolge mit leichterer Muse wie Musical, Rock und Pop und sinfonischen Werken bis hin zu Neuer Musik gleichermaßen – und das in einer klanglichen Qualität, die keinem anderen Profiorchester nachsteht. „Selten hat mich ein Thema so gepackt wie die Geschichte der Bad Reichenhaller Philharmoniker. Das Buch endet nach 150 Jahren. Die Geschichte geht weiter… Denn die ungekünstelte Begeisterung der vielen Zuhörer, die ich bei meinen Konzertbesuchen erleben konnte, ist nicht nur Beweis, sondern auch Verpflichtung: Als Klangwolke über Südostbayern ist dieses Orchester unverzichtbar“, so Autorin Dorothea Biehler am Ende dieser Zusammenstellung wichtiger Stationen, die sie in etwa 60 Kapiteln zusammengefasst hat. Es geht um Gastspiele, Niedergang und Wiederaufstieg des Klangkörpers während des Ersten Weltkriegs, die verstummenden Musen im Zweiten Weltkrieg, den Philharmoniker Ball und viele weitere Traditionen, die Zusammenarbeit mit Laienchören der Region, Überlebensstrategien. Anekdoten und Stellungnahmen der Musiker selbst, die auf den vielen Fotos zufrieden aussehen, machen dieses Buch zu einem Lesestoff, den man genießt, weil er nicht nur über ein wichtiges Stück Kulturgeschichte informiert, sondern auch Staunen und Schmunzeln hervorruft.
Die zeitgleich veröffentlichte CD des Orchesters unter Leitung seines Generalmusikdirektors Chris­tian Simonis und Enjott Schneider, der drei seiner Tänze aus dem Land der Trolle selbst anleitet, macht hörbar, was das Buch beschreibt. Vierzig Minuten kurzweilige Programmmischung: Eine Opernouvertüre von Conradin Kreutzer (1780-1849) eröffnet den musikalischen Reigen etwas gediegen, die Hörner intonieren ihre punktierten Notenketten astrein, das Unisono der Streicher ist von höchster Präzision. Auf das berühmte Adagio aus Mozarts Klarinettenkonzert A-Dur (Solistin Karin Nagel-Ulsamer mit sehr schönem Ton) und die munteren Trolltänze folgt Strauß’ Rosen aus dem Süden, das man sich gleich zweimal anhören möchte, so luftig leicht walzert es. Den Abschluss bildet ein Melodienpotpourri aus My Fair Lady – heiter und einfach nur wunderbar mitsummend anzuhören.
Kathrin Feldmann

Page Reader Press Enter to Read Page Content Out Loud Press Enter to Pause or Restart Reading Page Content Out Loud Press Enter to Stop Reading Page Content Out Loud Screen Reader Support