Claudia Behn

Jena: Kein Schlussstrich

Jenaer Philharmonie erinnert mit „Manifest(o)“ von Marc Sinan an die NSU-Morde

Rubrik: Bericht
erschienen in: das Orchester 1/2022 , Seite 48

Im Rahmen des bundesweiten Theaterprojekts „Kein Schlussstrich!“ zum NSU-Komplex, das vom 21. Oktober bis 7. November 2021 in fünfzehn deutschen Städten durchgeführt wurde, hatte am 28. Oktober im Jenaer Volkshaus das polytopische Oratorium Manifest(o) von Marc Sinan (Komposition) und Holger Kuhla (Libretto) Premiere. Marc Sinan, der sozialkritische, konzeptionelle und abendfüllende Werke erschafft, zeigte in seinem Oratorium Perspektiven der Opferfamilien und (post-)migrantischer Gemeinschaften auf. Das Orchester war vor der Bühne im eigentlichen Zuschauerraum platziert, in dem die Stuhlreihen ausgebaut worden waren, wenige Sitzreihen für das Publikum waren beibehalten worden. Der kleine Chor, bestehend aus dem Knabenchor der Jenaer Philharmonie (Leitung: Berit Walther) und dem Auditiv Vokal Dresden (Leitung: Clément Michelot), sang aus dem Bühnenhintergrund, die Solisten standen wie üblich vor dem Orchester. Die Zwischentexte wurden quasi als Augenzeugenberichte von zwei Kindern authentisch eingesprochen, der elfjährigen Fanny Sel Baute, Mitglied des Kinderchors der Komischen Oper Berlin und des Händel-Kinderchors, und der zehnjährigen Naz Yilmaz, Mitglied des Kinderchors der Staatsoper Unter den Linden und des Händel-Kinderchors. Der Orchesterklang verwebte sich anfangs zu einem rhythmischen Klangteppich, dem immer neue Instrumente beitraten, wobei auch schrille Klangkombinationen und Lautstärkekontraste einflossen. Besondere Intensität, mit das Trommelfell sprengender Kraft hatte die Textstelle „Ach, dass wir lernen möchten“. Zusätzlich wurden alle Aktionen auf verschiedenen Lautsprechern von rechts und links verstärkt, was die Klangwirkung wiederum intensivierte. Zur Jenaer Philharmonie unter Generalmusikdirektor Simon Gaudenz traten die Vokalsolisten Iva Bittová (Sopran und Violine), Katia Guedes (Sopran), Johanna Vargas (Sopran) und Andreas Fischer (Bass), beide Mitglied der Neuen Vocalsolisten aus Stuttgart, und Johanna Krödel (Alt).

 

Lesen Sie weiter in Ausgabe 1/2022.