Haase, Hartmut

Karriereplanung für Opern- und Konzertsänger

Ausbildung – Arbeitsmarkt – Kompetenzen

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Diplomica, Hamburg 2012
erschienen in: das Orchester 09/2012 , Seite 66

Der Sängerberuf unterliegt mannigfachen Unwägbarkeiten. Das betrifft den Weg in diesen Beruf ebenso wie die Bedingungen, unter denen der Künstler sich dort behaupten und entfalten kann. Zu Recht also ist dieser Leitfaden in drei große Abschnitte gegliedert, die sich mit der Ausbildung, mit der sehr unterschiedlichen Berufswirklichkeit und schließlich mit dem notwendigen Rüstzeug für eine erfolgreiche Ausübung befassen. Der Autor, selbst Betreiber einer Opern- und Konzertagentur und als Kulturmanager diplomiert, versucht so etwas wie einen Ratgeber und setzt dabei, um beim Nutzer eine „teleologische Grundhaltung zu Karriere und Markt“ zu erzeugen, unverkennbar auf die Erkenntnisse und Grundsätze des allgemein gültigen, heute allenthalben propagierten Marketings, die er für allfällige Sänger-Bedürfnisse modifiziert.
Das mag in seiner scheinbaren Objektivierbarkeit zunächst verlockend anmuten, ist aber doch kein ganz unproblematischer Ansatz, weil er den Künstlerberuf, der allemal nicht zuletzt eigenen, stark auch von Subjektivität (und Zufällen) bestimmten Gesetzen folgt, den starren Normen eines Berufsbildes unterwirft, das mit der Sänger-Realität nicht immer ganz übereinstimmt. Mehrfach wird in dem Bändchen auf einen Auswuchs solchen Denkens verwiesen: Der medial gehypte Klassik-Star Anna Netrebko ist unverkennbar ein planvoll kreiertes Marketing-Produkt und als (durchaus auch fragwürdiges) Phänomen eines vordringlich monetär ausgerichteten Musikmarkts schwerlich geeignet, nachwachsenden Sängern als taugliches Vorbild zu dienen.
Dass der Autor schon in der Ausbildung von Sängern eine stärker auf Marketing und Management ausgerichtete Unterweisung und damit – diesseits aller künstlerischen Aspekte – eine funktionalere Vorbereitung auf ihr künftiges „Gewerbe“ fordert, ist aus dieser Perspektive nachvollziehbar, zumal der einschlägige „Markt“, wie die Darstellung nachweist, durch Mittelknappheit und Diversifizierung seit Langem schrumpft. Ob dann aber die ins Feld geführten „Marketinginstrumente“ wie Mission Statement, SWOT-Analyse, SMART-Prinzip, Controlling und Evaluation für die Eroberung einer Stelle etwa als Konzertsänger wirklich entscheidende Vorteile bringen, scheint eher ungewiss.
Verständlich in einem ganz besonderen Sinn ist auch, dass das Bändchen die Bedeutung des Agenten für die Sänger-Karriere hervorhebt – und dabei die Abseiten solcher nicht immer ganz uneigennützigen und verantwortungsvollen „Betreuung“ kaum in den Blick nimmt. So ist denn der absehbare Nutzen des Büchleins, das durch mancherlei sprachliche Holprigkeiten, eigenwillige Interpunktion und ein nachlässiges Layout ein wenig verstört, nicht eben zwingend. In seinen „Gebrauchsanweisungen“ bleibt dieser Leitfaden nicht selten zu pauschal und abstrakt, um dem Rat suchenden Leser konkrete Hilfen an die Hand zu geben.
Rüdiger Krohn