Dvorák/Prokofjew/Franck
Kammermusik für Flöte und Klavier
Diese Einspielung ist das erste gemeinsame Projekt der seit 1978 in Deutschland lebenden japanischen Flötistin Junko Ukigaya mit der wettbewerbserprobten russischen Pianistin Valentina Igoshina. Beide haben schon mehrere CDs veröffentlicht.
Das erste Stück auf der CD, Antonín Dvoráks 1893 in New York komponierte Sonatine G-Dur op. 100, ist ein lebensfrohes, eher schlichtes Werk, das Dvorák aber sehr am Herzen lag. Er widmete es seinen in Prag zurückgebliebenen Kindern, die ihm erst ein Jahr später nach Amerika folgten. Das ursprünglich für Violine und Klavier komponierte Stück mit Anklängen an Dvoráks böhmische Heimat wie mit amerikanischen Einflüssen eignet sich auch für die Flöte. Die vorliegende Interpretation der Sonatine ist hübsch, überzeugt aber leider nicht in allen Punkten. Zwar sind die Tempi gut gewählt und es gelingen schön gestaltete gemeinsame Phrasen und Tempowechsel, doch die Balance zwischen Flöte und Klavier ist oft nicht ausgewogen. Das Klavier klingt extrem weich und mischt sich immer wieder schlecht mit der Flöte, bei der leider in klanglicher Hinsicht einige Wünsche offen bleiben. Während der Klang in der tiefen und mittleren Lage meist voll und kernig ist, sind ab der oberen Mittellage klangliche und intonatorische Mängel unüberhörbar. Schade ist auch, dass das Vibrato oft nachgeschoben wird bzw. aufgesetzt wirkt, zum Beispiel im zweiten Satz mit seiner poetisch-ruhigen Atmosphäre.
Sergei Prokofjews exakt fünfzig Jahre später veröffentlichte Sonate D-Dur op. 94, eines der Meisterwerke für die Besetzung Flöte und Klavier, wurde 1942 begonnen, als Prokofjew noch als Kriegsflüchtling in Kasachstan lebte. Dennoch handelt es sich um ein tänzerisch-fröhliches Werk “in zartem, flüssigem klassischen Stil”, wie er in seinem Tagebuch notierte. Die Flötistin wie die Pianistin beweisen hier in ausgedehnten Läufen, zahlreichen Sprüngen und Verzierungen Brillanz und Virtuosität. Leider kann dies nicht über die unglückliche Klangmischung und die klanglichen und intonatorischen Probleme bei der Flöte hinwegtrösten. Allgemein könnte der musikalische Ausdruck durch mehr Klangvielfalt etwa bei plötzlichen Tonartwechseln , deutlichere Dynamik (durch ein wirkliches Pianissimo zum Beispiel) und größere rhythmische und artikulatorische Genauigkeit noch verbessert werden.
Beim dritten Stück, César Francks Sonate für Flöte und Klavier A-Dur (1886), seiner einzigen Violinsonate, die jedoch schon bald für verschiedene Soloinstrumente bearbeitet wurde, bestätigt sich der Eindruck. Trotz vieler schöner Momente vermag die Interpretation der thematisch eng miteinander verwobenen Sätze aus musikalischer Sicht nicht ganz zu überzeugen. Das Dolcissimo könnte vielfach zarter, das Passionato deutlich feuriger sein.
Es bleibt ein zwiespältiger Eindruck.Valentina Igoshina ist eine vorzügliche Pianistin, die Junko Ukigaya sorgfältig und einfühlsam begleitet. Als Referenzaufnahme taugt diese Einspielung aber nicht.
Andrea Welte