Enjott Schneider

Jubilissimo

Brass & organ at Essen Cathedral. Reinhold Friedrich (Trompete), Hannes Läubin (Trompete), David Friedrich (Tenorposaune), Brandt Attema (Bassposaune), Sebastian Küchler-Blessing (Orgel)

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Ambiente Audio ACD-3051
erschienen in: das Orchester 11/2021 , Seite 85

Enjott Schneider ist einer der Komponisten, die unter Beweis stellen, dass eine Trennung zwischen Klassik und Filmmusik absolut überflüssig, ja sogar kontraproduktiv ist. Qualitative Hochwertigkeit sollte der Maßstab sein, nicht eine Einteilung, die aus einem falsch verstandenen Traditionsverständnis gespeist wird.
Darüber hinaus ist Schneider ein überaus vielfältiger und ausdrucksstarker Komponist. Er ist offen für alle Stilrichtungen und akzeptiert keine ideologischen Schranken. Er schreibt für Kirche, Konzert, Oper und Film. Darüber hinaus arbeitet er mit Musikern aller Genres zusammen, so z. B. mit Hubert von Goisern in Joseph Vilsmaiers Meisterwerk Schlafes Bruder. Elias, ein Bauernjunge, entwickelt sich in dieser Geschichte zu einem außergewöhnlichen Organisten. Schneider schrieb die bewegende Musik und bewies schon 1995, dass er es versteht, für Orgel zu schreiben.
Auf der CD Jubilissimo stehen nun Kompositionen für Orgel und Blechbläser im Mittelpunkt, man könnte sagen: ganz klassisch, in wechselnden Besetzungen für Trompeten, Posaunen und Orgel. Domorganist Sebastian Küchler-Blessing spielt auf seiner Rieger-Orgel im Essener Münster. Man spürt, wie sehr ihm dieses wunderbare Instrument entspricht, unabhängig davon, ob er als Begleiter agiert oder als Solist. Mit Reinhold Friedrich und Hannes Läubin wurden für die Aufnahme zwei der renommiertesten Trompeter gewonnen. Im Vivaldissimo, einer einfallsreichen Hommage an den großen Barockkomponisten, spürt man, dass sich beide Solisten seit Ewigkeiten kennen und blind verstehen. Lyrisches und Virtuoses wird in absoluter Einheit musiziert.
Der Wechsel zwischen meditativer, technisch anspruchsvoller und spiritueller Musik zieht sich durch die gesamte CD. Zum Nebenbei-Hören ist sie eher nicht geeignet. Schneiders Musik geht in die Tiefe, sie berührt. Sämtlichen Instrumentalisten gelingt es, diese Tiefe auf den Hörer zu übertragen, den hervorragenden Trompetern ebenso wie den Posaunisten David Friedrich und Brandt Attema. Die Klangschönheit der Rieger-Orgel wird durch die Blechbläser hervorragend ergänzt. Tonmeister Tom Spogis gelingt eine gute Mischung, auch wenn der recht lange Nachhall des Essener Doms bestimmt nicht die einfachsten Bedingungen bescherte.
Die grafische Gestaltung des CD-Covers reiht sich ein in die Serie der bisher veröffentlichten Schneider-CDs und ist leider recht einfallslos. Der Vielfalt der Kompositionen wird sie nicht gerecht. Etwas frischer Wind täte gut. Wenn eine CD schon in Hartplastik verpackt wird – was in der heutigen Zeit kaum mehr zu vertreten ist –, sollte die Optik dem künstlerischen Anspruch des musikalischen Inhalts gerecht werden. Dies ist aber schon der einzige Kritikpunkt an dieser wirklich hörenswerten CD. Kirchenmusiker, Trompeter und Posaunisten finden hier Literatur, die viel gespielt werden sollte. Sie ist geeignet für Gottesdienste und Konzerte. Alle Noten sind im Schott-Verlag erhältlich.
Ulrich Haider