Anja Ganschow/Hartmut Wecker (Hg.)
Jubiläumsband zum 200. Geburtstag
Friedrich-Kiel-Forschungen, Bd. 5
Plötzlich berühmt! Mit der begeistert aufgenommenen Uraufführung seines Requiems f-Moll op. 20 ist der Musikpädagoge, Pianist und Komponist Friedrich Kiel mit einem Mal ein gemachter Mann. Am 8. Februar 1862 gelingt dem Musiker, der zwanzig Jahre zuvor aus der südwestfälischen Provinz in die preußische Hauptstadt Berlin gekommen ist, der Durchbruch.
Auf die breite Anerkennung folgen Auszeichnungen und Anstellungen. 1865 wird Kiel in die Akademie der Künste zu Berlin aufgenommen und 1869 als – bald immens gefragter – Kompositionslehrer an die neu gegründete Hochschule für Musik in Berlin berufen. Mehr und mehr unterstreicht er sein eigenes Vermögen als Tonsetzer auch mit groß angelegten Werken für Chor und Orchester. Zu Lebzeiten gilt Friedrich Kiel, wenn auch im Schatten der epochal prägenden Romantiker Schumann und Brahms, als Koryphäe. Doch nach seinem recht frühen Tod im Jahr 1885 gerät er zunehmend in Vergessenheit.
Vollkommen vergessen ist Kiel indes nicht. Seit Jahrzehnten hält die nach ihm benannte Gesellschaft sein Andenken wach – unter anderem auch mit der kleinen Reihe der Friedrich-Kiel-Forschungen, in der zum 200. Geburtstag des Komponisten nun der fünfte Band erschienen ist: ein Herzensprojekt für die Verantwortlichen des Vereins. Anja Ganschow und Hartmut Wecker legen mit dem Jubiläumsband zum 200. Geburtstag ein Buch vor, das den Blick auf Friedrich Kiel noch einmal schärft. Die zehn Beiträge beschreiben dessen Kosmos aus unterschiedlichen Perspektiven: mal biografisch und überblicksartig einordnend, mal in einer exemplarischen Werkbetrachtung des „Christus“-Oratoriums, mal aus der Sicht eines seiner Schüler und mal mit explizitem Blick auf die Aufführungen des Leipziger Riedel-Vereins.
Mit Susanne Büchner ist eine ausgesprochene Kiel-Expertin im Autor:innen-Kreis vertreten; sie dokumentiert die Musikalien Kiels in der Library of Congress in Washington D.C. und verweist damit auf das auch internationale Renommee des Komponisten. Eingerahmt wird all das von der Würdigung des für das Andenken Kiels so engagiert arbeitenden Peter Pfeil (1938-2018): So erinnert Dietmar Schenk, Archivar der Universität der Künste Berlin (UdK), an die Übergabe des Kiel-Archivs an das UdK-Archiv, und Anja Ganschow, die Vorsitzende der Friedrich-Kiel-Gesellschaft, bündelt in kompakter Form die Verdienste von Pfeil. Eines davon ist die Einrichtung der Kiel-Grabstätte im Bad Laaspher Stadtteil Puderbach, wo Friedrich Kiel am 8. Oktober 1821 geboren wurde. Von hier ging es für ihn hinaus in die Welt.
Das neue Buch soll der Abschluss dieser Reihe sein und zugleich ein Auftakt – denn noch steht eine Monografie aus. Diese auf den Weg zu bringen und zugleich Kiel selbst an seinen einstigen Wirkungsstätten sichtbarer zu machen, sind zwei bedeutsame Punkte auf der Agenda der Friedrich-Kiel-Gesellschaft. Sie könnte und sollte wohl auch den Rückenwind des Jubiläumsbands nutzen.
Claudia Irle-Utsch