Händel, Georg Friedrich

Joshua

Oratorio in three Acts. NDR Chor, FestspielOrchester Göttingen, Ltg. Laurence Cummings

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Accent ACC 26403
erschienen in: das Orchester 12/2016 , Seite 64

1741 beendete Georg Friedrich Händel mit seiner letzten italienischen Oper Deidamia die Arbeit an diesem Genre. Die Arbeit des Dramatikers setzte er fort in seinen Oratorien, mit deren regelmäßiger Komposition er 1739 mit Saul begonnen hatte. Insgesamt 25 Oratorien komponierte Händel in seiner Laufbahn. Die berühmteste Nummer aller Händel-Oratorien wurde das „Hallelujah“ aus dem Messias. Aber auch im 1748 entstandenen Joshua gibt es ein Stück, das unsterblich geworden ist.
Joshua ist ein kriegerisches, ein auftrumpfendes Oratorium. Josua, der Nachfolger Moses’ als Anführer der Israeliten, führt sein Volk nach Kanaan, um ihm dort das von Gott versprochene Land zuzuteilen. Die Stadt Jericho wird belagert, die Bevölkerung niedergemetzelt, nachdem die Mauern durch den Klang der Posaunen und das Gebrüll der israelitischen Krieger gefallen waren. Um die Stadt Ai einzunehmen, lässt Joshua den Lauf der Sonne und des Mondes mit Gottes Hilfe anhalten. Danach wird eine weitere Stadt erobert. Mit diesem Sieg sichert sich Othniel, ein junger Offizier, die Liebe der Feldherrentochter Achsah.
Händel hat die Handlung auf drei Akte verteilt und mit der ganzen Kunst der gereiften Opernkünstlers in Musik gesetzt. Im von Männern dominierten Joshua knüpfte er an die siegesbewusste Energie des Saul (1744) an; die Liebesgeschichte zwischen Othniel und Achsah inspirierte ihn zudem zu Arien und Duetten voller Schmelz. Und die unsterbliche Nummer? Es ist der dreiteilige Chor „See, the conquering hero comes“ im dritten Akt, mit dem Jünglinge und Jungfrauen den Einzug des siegreichen Othniel feiern. Die Christen dieser Welt singen zu dieser Melodie „Tochter Zion, freue Dich“, eines der bekanntesten Weihnachtslieder.
Die Liveaufnahme von den Händel-Festspielen Göttingen 2014 gibt dem Hörer alles, um hier 115 Minuten Händel „at his best“ zu genießen. Der großartige NDR Chor in einer geradezu durchhörbar kammermusikalischen Besetzung, einstudiert von Robert Blank, singt tadelloses Englisch und lässt den Hörer an jeder Stimmungsnuance teilhaben. Ebenfalls auf dem Niveau der Besten hat sich das Festspiel-Orchester Göttingen etabliert, dem Spitzenkräfte der Alten-Musik-Szene angehören. Es ist eine bis zum Finale anhaltende Freude, dem geschmeidigen Spiel der Instrumentalisten zu lauschen. Lawrence Cummings leitet die Ensembles mit präzisem Sinn für den großen Bogen und zugleich für all die Nuancen, welche die Spannung lebendig halten. Nummer für Nummer belegt er sein Format als eine der Größen unter den Alte-Musik-Dirigenten.
Wie in Semele, Belshazzar oder Hercules hat auch im Joshua ein Tenor die männliche Hauptrolle. Kenneth Tarver ist dafür eine hervorragende Besetzung. Ebenso berührend singt die Sopranistin Anna Dennis die Partie der Achsah. Mit Renata Pokupic als Othniel hat sie eine Part­nerin, deren Mezzo endlich wieder einmal die Tiefe und Farbe hat, die man in diesem Fach seit Langem vermisste. Last but not least rundet Tobias Berendt als Caleb mit kernigem Bass das Sängerteam ab.
Laszlo Molnar

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