Wolfgang Rüdiger (Hg.)
Instrumentalpädagogik – wie und wozu?
Entwicklungsstand und Perspektiven
Das Selbstverständnis der Instrumental- und Gesangspädagogik (IGP) als eigenständige künstlerisch-pädagogische Disziplin (mit den Bereichen Ausbildung, Berufspraxis und Forschung) zu klären, auf dem Höhepunkt von deren hochdynamischer Entwicklung seit den 1980er Jahren eine kritische Bestandsaufnahme zu leisten und aktuelle Anforderungen an das Fach genauso wie zukünftige Entwicklungsperspektiven zu beschreiben – ein in der Tat hoch gesteckter Anspruch. Gleichwohl wird er überzeugend eingelöst in den Beiträgen des vorliegenden Bandes – herausgegeben von Wolfgang Rüdiger und basierend auf Referaten eines Symposiums 2017 an der Robert Schumann Hochschule Düsseldorf.
Die Autoren (allesamt führende Fachvertreter) markieren prinzipielle Fragestellungen genauso wie spezielle Problemlagen und loten Antwort- bzw. Lösungsmöglichkeiten aus. So finden sich Überlegungen zu einer zeitgemäßen Verortung der IGP, insbesondere in Abgrenzung zur allgemeinen Musikpädagogik (Wolfgang Lessing), zu Berufsbild und Selbstverständnis von Lehrenden (Ivo Ignaz Berg) sowie zu einer künstlerischen Instrumentalpädagogik, die sich nicht in didaktischem Regelwerk erschöpft (Peter Röbke); die Bedeutung empirischer Forschung (Natalia Ardila-Mantilla) und das Verhältnis von Theorie und Praxis in Form eines „Plädoyer(s) für kollaborative Reflexion im Musik(hoch)schulkontext“ (Silke Kruse-Weber) werden reflektiert; weiterhin gibt es „Parallelen und Wechselbeziehungen“ zwischen dem Profil der IGP und ihrem zentralen Publikationsorgan, der Zeitschrift Üben & Musizieren (Ulrich Mahlert) zu entdecken; schließlich machen die Beiträge „Anerkennung und Differenzerfahrung im Instrumentalunterricht“ (Katharina Deserno) sowie „Physiologische Aspekte von Bewegungslernen und Körperwissen“ (Horst Hildebrandt) Bedingungen instrumentalpädagogischer Lernprozesse transparent.
Ergänzend hält der Band die Dokumentation zweier Podiumsgespräche bereit zu Aspekten der Hochschulausbildung sowie der Unterrichtspraxis. In all dem werden nicht zuletzt auch herausforderungsreiche Perspektiven erkennbar (exemplarisch: operationalisierbares Kompetenzstufenmodell instrumentalen Lernens; Gestaltung vielfältiger Musiklernwelten in musikalischen Praxisgemeinschaften; „Lernhaus Musik“ als visionäres Musikschul-Konzept).
Wiewohl festzustellen bleibt, dass keineswegs Konsens herrscht sowohl in wesentlichen Grundfragen etwa zur Balance von künstlerischem Anspruch und pädagogischer Exzellenz als auch im Umgang mit aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen (Inklusion, kulturelle Vielfalt, Musizieren mit allen, Neue Medien). Allerhand vielstimmig-lohnende Lektüre also für diejenigen, die in den aktuellen Fachdiskurs, insbesondere mit Blick auf erweiterte und zunehmend komplexer werdende Aufgabenfelder der Instrumentalpädagogik, eintauchen und sich solchermaßen mit den wesentlichen Facetten eines „Fachs in Bewegung“ vertraut machen wollen.
Gunther Diehl