Werke von Dvorák, Suk und Herbert

Inspiration

Metamorphosen Berlin, Cello und Ltg. Wolfgang Emanuel Schmidt

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Sony Classical 88875130202
erschienen in: das Orchester 03/2016 , Seite 79

Inspiration – das klingt mehr nach einem Parfüm, oder bestenfalls nach Wellness-Classic vom Grabbeltisch. Und doch passt der Titel zu dieser CD, die obendrein wunderbare Musik bietet. Inspiration ist der Erstling des Streichensembles „Metamorphosen Berlin“ (benannt sicherlich nach dem gleichnamigen Werk für 23 Solostreicher von Richard Strauss), das von dem Cellisten Wolfgang Emanuel Schmidt und seiner Konzertmeisterin Indira Koch geleitet wird. Es treffen sich dort Profimusiker unterschiedlichster Provenienz, unter anderem aus Berliner Orchestern, denen Metamorphosen Berlin sicherlich eine Herzensangelegenheit ist – zumindest liegt die Vermutung angesichts der Qualität dieser Einspielung nahe. Schade, dass sie im Booklet nicht namentlich genannt werden.
„Inspiration“ spielt auf die musikalischen und persönlichen Beziehungen zwischen den drei Komponisten Josef Suk (1874-1935), Antonín Dvorák (1841-1904) und Victor Herbert (1859-1924) an. Konkret fassbar wird das auf dieser CD anhand von vier Werken für Streichorchester. Nahe liegt die Verwandtschaft natürlich bei den Serenaden von Dvorák und Suk, deren Entstehung zwar 17 Jahre auseinander liegt (1875 und 1892), aber dennoch eindeutig vom Lehrer-Schüler- Verhältnis bestimmt ist. Suk war bereits als Elfjähriger an das Prager Konservatorium gekommen und wurde der Lieblingsschüler von Antonín Dvorák. Später heiratete er sogar dessen Tochter – und verlor beide in den Jahren 1904 und 1905. Ein Liebeslied für Klavier von Suk hat Wolfgang Emanuel Schmidt für Cello und Orchester bearbeitet.
Weniger bekannt ist hierzulande Victor Herbert, der gleichwohl in den Vereinigten Staaten bis heute zu den bekanntesten einheimischen Meistern zählt. Er wurde in Irland geboren, in Stuttgart ausgebildet, unterrichtete in New York am Konservatorium und lernte dort 1892 auch Dvorák kennen. Herbert schrieb hauptsächlich Operetten (auf dem Kontinent hatte er als Cellist in der Kapelle von Johann Strauß gespielt), versuchte jedoch immer wieder, auch im ernsten Fach zu reüssieren. Wofür der Böhme Dvorák sicher das richtige Vorbild war.
Inspiration: Alle Kompositionen dieser Aufnahme gemeinsam ist ihre Leichtigkeit, ja Schwerelosigkeit. Die existenziellen Kämpfe des Fin de Siècle, sie sind hier bestenfalls zu ahnen, es regiert der Wohlklang. Der 18-jährige Suk schreibt endlich einmal in Dur (statt wie sonst immer nur in Moll), der 34-jährige Dvorák hat (sicher auch durch den Einfluss von Brahms) die Bindung an Wagner hinter sich gelassen und das tschechische Melos neu entdeckt. Victor Herbert schließlich schreibt mit seinen drei Stücken zwar feine, seriöse Kammermusik, der Saloncharakter ist ihnen aber nicht abzusprechen.
Mag sein, dass Metamorphosen Berlin auch betont auf Präzision und Transparenz setzt und Wolfgang Emanuel Schmidt als Solist bewusst nie in Schwerblütigkeit verfällt. Die vorliegenden Kompositionen sind jedoch von Natur aus sanft und angenehm wie ein leichter Sommerwind. Das ist Musik, um die Wintertage aufzuhellen.
Johannes Killyen

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