Arnold Schönberg
Insights. The String Quartets
Asasello-Quartett
Musikalische Tauchgänge: Wir sind umgeben von Mikrokosmen, Farben und Formen und nehmen zugleich das tiefe Blau des Ozeans wahr. Eindrücklich und poetisch beschreiben die Musiker des Asasello-Quartetts ihre Erfahrungen bei der Erarbeitung der Quartette Arnold Schönbergs. Uns Hörern geht es nicht anders: Wir sind eingeladen, eine mannigfaltige Landschaft zu erkunden, die sich zugleich, ungeachtet innerer Heterogenität, als Einheit darstellt.
Schönberg, der vermeintliche Revolutionär, sah sich selbst als Fortführer der Tradition und knüpfte zumal in der Gattung Streichquartett an das klassisch-romantische Erbe an. Auf den ersten Blick mögen seine vier Quartette (entstanden 1905, 1908, 1927 und 1936) wie verstreute Beiträge zum Thema erscheinen und sich vom geplanten Quartettkomponieren Beethovens unterscheiden. Dass sie dennoch ein Gesamtwerk bilden, hervorgegangen aus einem gemeinsamen Nukleus, macht die Aufnahme des Asasello-Quartetts bestechend deutlich. Und dies nicht nur durch die umgekehrt chronologische gleichsam Neugier auf den Anfang weckende Anordnung der Werke auf den beiden CDs.
Das 2000 gegründete Asasello-Quartett ist ein internationales Ensemble. Es formierte sich in der Baseler Kammermusikklasse des legendären LaSalle-Quartettisten Walter Levin. Weitere Studien führten die Asasellos an die Kölner Musikhochschule zum Alban Berg Quartett. Zusätzliche Anregungen zur Beschäftigung mit Schönberg erhielten die Musiker durch die Begegnung mit Chaim Taub, dem ehemaligen Primarius des Tel Aviv String Quartet.
Farbreichtum und Homogenität prägen das Spiel des Asasello-Quartetts ebenso wie die individuelle Virtuosität der einzelnen Spieler. Gestus und Phrasierung zeugen von hoher Übereinstimmung in der musikalischen Konzeption. Zugleich erleben wir ein Klangspektrum, das von großer Wärme bis hin zu kristalliner Schärfe reicht und das den unterschiedlichen historischen Positionen der Werke vollkommen entspricht: hier der spätromantische Riesenwurf des d-Moll-Quartetts op. 7, dort nur wenige Jahre später entstanden die hitzige, nach anderen Planeten lechzende Expressivität des zweiten Quartetts. Die beiden späten Quartette basieren zwar auf der gemeinsamen Plattform der Zwölftontechnik, differieren jedoch ebenfalls in ihren Charakteren: Das Largo des vierten Quartetts hebt an mit einem synagogal anmutenden Lamento, wie
es Schönberg im hektischen Berlin der 1920er Jahre vielleicht nicht geschrieben hätte.
Die Sopranistin Eva Resch, als Interpretin zeitgenössischer Musik Gast renommierter Festivals und Ensembles, singt die beiden George-Vertonungen (wir vermissen die Texte im Booklet!) im 3. und 4. Satz des zweiten Quartetts mit klarer Diktion, Emphase und hoher Affinität zum Streicherklang. Ein leichtes Flackern auf den höchsten Tönen ist als marginaler Minuspunkt problemlos zu verschmerzen. Insgesamt: eine exzellente Produktion!
Otto Loewe