Schneider, Stephan Marc

Inschrift

für Klarinette solo

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Sikorski, Hamburg 2005
erschienen in: das Orchester 11/2005 , Seite 90

Der 1970 in Karlsruhe geborene und dort lebende Komponist Stephan Marc Schneider hat sein kompositorisches Handwerk bei Ulrich Leyendecker gelernt. Sein Schaffen umfasst inzwischen einige Bühnenwerke, darunter die Oper Das Kalkwerk, und einige Kammermusikwerke, in denen die Klarinette keine unbedeutende Rolle einnimmt. Inschrift ist die erste, 1999 entstandene Komposition für Klarinette. Es folgen dann Regards für Klarinette, Violoncello und Klavier, ein Quintett für Klarinette und Streichquartett und La Gabbia für Bassklarinette und Orgel.
Schneiders Kompositionen werden häufig durch poetische Texte inspiriert. Dem Solostück für Klarinette in A Inschrift liegt ein – allerdings nicht mitgeteiltes – Gedicht von Volker Doberstein zugrunde. Es hat Schneider zu vier kurzen, kontrastreichen Sätzen mit einer Gesamtdauer von ca. sieben Minuten animiert, in denen das gesamte Klangspektrum der Klarinette in charakteristischer Weise genutzt wird.
Der erste Satz beginnt mit einem sehr kantigen „Schriftzug“ und bevorzugt das höchste Register; große Lautstärke und schnelle, sprunghafte Bewegungsabläufe kennzeichnen das musikalische Geschehen. Im zweiten Satz steht der Klang als solcher im Vordergrund. Leise Töne der tiefsten Lage bestimmen den Ausdruck, bis eine dynamisch und im Tempo gesteigerte Dreitonfolge den Satz beendet. Rhythmische Dichte im pianissimo von der Chalumeau-Lage ausgehend, verleiht dem dritten Satz etwas Flüchtiges. Für den Zusammenhang sorgen variative Techniken und die Bindung an den Ton e als eine Art Basiston. Im vierten Satz treffen dann Gegensätze in der rhythmischen Gestaltung und in Form von extremen Dynamik- und Klanglagenwechseln aufeinander, während das Tonmaterial stark komprimiert wird.
Kompositorischen Zusammenhang stellt Stephan Marc Schneider zwischen allen vier Sätzen her. Der kleine Sekundschritt ges/f (später erweitert durch e), mit dem der erste Satz eröffnet wird, durchzieht alle Sätze und wird vielfältig exponiert.
Inschrift ist eine musikalisch dicht gestaltete, abwechslungsreiche Komposition, die allein mit dem traditionellen Tonmaterial auskommt und auf spezielle zeitgenössische Spieltechniken verzichtet. Sie erfordert vom Interpreten ein Höchstmaß an Flexibilität und eine ausgereifte Spieltechnik.
Heribert Haase