Werke von Rossini, Rozman, Debussy und anderen

Incantations

Quintessenz – Leipzig Flute Ensemble

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Genuin GEN 16421
erschienen in: das Orchester 12/2016 , Seite 70

Diese aus Bearbeitungen und Originalwerken zusammengestellte Einspielung hat sich das Leipziger Flötenensemble Quintessenz selbst zur Feier seines zwanzigjährigen Bestehens geschenkt. Die Mitglieder, vier Damen und ein Herr, sind hauptberuflich Orchestermusiker. In ihren Konzerten begeistern sie, mit beachtlicher Bühnenpräsenz übrigens, ihr Publikum immer wieder aufs Neue, beeindrucken nicht nur durch wirkungsvolle Einrichtungen, sondern auch durch den unverwechselbaren Klang, den sie zu „zaubern“ wissen. Wobei in diesem Fall neben Piccolo, normalen Flöten, Altflöte und Bassflöte noch eine Schnarrkopf-Flöte mit im Spiel ist; an sich eine normale Flöte, die aber mit einem besonderen Kopfstück angeblasen wird, das ein zusätzliches, mit einer Membran über­spanntes Loch hat. Der dadurch erzeugte Klang ist mit dem einer chinesischen Dizi-Flöte vergleichbar.
Die neue CD will die magischen Kräfte des Flötenklangs beschwören, deshalb auch der Titel Incantations. Im Mittelpunkt stehen zwei Auftragswerke, Medusa von Anže Roz­man, einem jungen slowenischen Komponisten mit Erfahrung in U- und E-Musik, und Spells von Ian Clarke, einem britischen Flötisten und Komponisten. Die für Me­du­sa, eine Figur aus der griechi­schen Mythologie, zusammen mit den Interpreten erarbeiteten spieltechnischen Effekte geben den beiden Szenen dramatisches Profil und archaisierende Klangfarben. Die Zaubersprü­che von Clarke, bei denen man sich die Hexen aus Mac­beth in Aktion vorstellen könnte, faszinieren mit geheimnisvollen Klangflächen und explosiv-virtuosen Ausbrüchen.
Um diese beiden Werke reihen sich sechs dazu passende Bearbeitungen: Die Tarantella aus den Soirées musicales von Rossini ist in der Neuinstrumentierung deutlich wirkungsvoller als in der Version für Gesang und Klavier und eine gute Einstimmung auf das Folgende.
„La Danse de Puck“ von Debussy (aus den Préludes, Bd. 1) klingt durch die Instrumentation skurriler und prägnanter als das Klavierstück. Danach folgen fünf klanglich durchsichtig gestaltete Sätze aus Mendelssohns Schauspielmusik zum Sommernachtstraum, in denen der Kobold Puck im Scherzo ebenfalls seinen Auftritt hat. In Dopplers Ungarischer Fantasie wird die Flöte mehr als in der Orchesterfassung in den Gesamtklang eingebunden, das Virtuose lässt dem Kolorit so mehr Raum zur Entfaltung.
Bei den aus seinem 2. Gambenbuch stammenden Variationen über die Folies d’Espagne von Marais ist die Einrichtung für beliebige Inst­rumente vom Komponisten sogar ausdrücklich gewünscht. Den Flötenpart auf alle Spieler zu verteilen, ist mit allen Höhen und Tiefen hörbar gelungen, wird poetischen und virtuosen Momenten gleichermaßen gerecht. Der Danse macabre dann von Saint-Saëns gewinnt dadurch, dass der Teufel Schnarrkopf- und Bassflöte spielt, noch mehr an teuflischem Charakter, klingt fast ein wenig nach Berlioz und setzt so einen originellen Schlussakzent. Sympathisch, dass die Quintessenz-Musiker ihre Einrichtungen auf der Homepage des Ensembles zum Kauf anbieten, sie dürfen und sollen also nachgespielt werden.
Ursula Pešek

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