Wallendorf, Klaus
Immer Ärger mit dem Cello
Wenn man den Worten des Autors trauen darf und das fällt dem Leser bei der Lektüre der hinreißend witzig, mit Augenzwinkern geschriebenen Liebeserklärung eines irrenden Waldhornisten an die streichenden Kollegen allerdings oftmals schwer , “begründete, prägte und festigte” die Salzburger Ferienkurs-Romanze mit Evelin anno 1970 angeblich dessen Zuneigung zum Cellowesen. Seiner latenten Zuneigungsbereitschaft zu weiteren Damen dieses streichenden Gewerbes verdanke er, Klaus Wallendorf, auch die Bekanntschaft mit einer Salzburgerin namens Stupsi, erfahren wir in seiner Sammlung kurzweiliger Artikel weiter. In diese Zeit falle auch die schallplattenhörende und schließlich hörige Begegnung mit den Zwölf Cellisten der Berliner Philharmoniker.
Wie der Leser schon auf den ersten Seiten erahnt, wird daraus eine prickelnde, fast erotische Hommage an jene Supertruppe, die unser Waldhornist alias Klaus W. als schließlich engagiertes drittes philharmonisches Horn bei Proben, Konzerten und dergleichen Vergnügungen von oben herab und jahrzehntelang beobachten kann (“eine goldgetönte, sich wie ein Kornfeld im Saitenwind hin und her wiegende Ährenlegion, deren Reifezeit im balsamischen Wohlklang verstreicht”). Ihnen und anderen philharmonischen Ensembles wie den sechs Bassisten oder acht Hornisten schreibt er für deren Auftritte humoristische Texte, die sich stark am dialektischen Wortwitz eines Loriot orientieren. Und so ist der Gelegenheitsconférencier auch für die exotische Truppe der 14 Berliner Flötisten zum gefragten Ansagespezialisten geworden.
An geradezu kabarettistisch anmutenden Einblicken ins komplizierte Innenleben der Philharmoniker mit ihren Kommandostrukturen, Dienstplänen und dirigentischen Seiteneinsteigern (“Aber singen kann er!”), an instrumentenkundlichen Erläuterungen der witzigsten Art, an liebevollen Sticheleien gegen höher streichende Kollegen oder philosophischen Betrachtungen über die zweit-, dritt- oder viertplatzierten Pultsitzer mangelt es dabei nicht. Wir erfahren, wie er zum Schreiben orchesterinterner Poesie und Prosa gekommen ist, ergötzen uns an den zahlreich eingestreuten Tourneeanekdoten oder der unernsten Gründungsgeschichte der Zwölf Verschworenen.
Dagegen lobpreist er der Cellisten “noble Körpersprache, ihre angenehm würdevolle Sitzposition”. Auch seien über das Cello keinerlei herabwürdigende Äußerungen im Umlauf ganz im Gegensatz zum Horn als Rollmopstrompete oder Glücksspirale. Die Lachmuskeln haben reichlich zu tun! Der “unter chronischer Cellophilie leidende” tritt dabei immer wieder Reisen in sein Inneres an, beschreibt seinen künstlerischen Werdegang, findet launige Vergleiche etwa der Art, dass die Berliner Philharmoniker auch nur mit Wasser kochten, “aber nicht viele können es ihnen reichen”. Sein schnoddrig-geistvoller Stil findet zu überraschenden Gedankenwindungen und -wendungen, wenn er beispielsweise von “Erfolgen gastromusikalischer Öffentlichkeitsarbeit” schreibt, die sich rasch als Kneipenauftritte entpuppen. So geht es Seite um Seite, und man legt das Büchlein erst beiseite, wenn es in einem Ritt durchgelesen ist!
Peter Buske