Werke von Michael Andreas Grolid, Beethoven, Rudolf Jungwirth und Brahms

Images

Thomas Riebl (Viola und fünfsaitige Tenorbratsche), Florian Birsak/Iris Sentürker (Klavier)

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Uni Mozarteum Records 5
erschienen in: das Orchester 02/2017 , Seite 69

2012 veröffentlichte Thomas Riebl seine erste CD mit der von dem Geigenbauer Bernd Hiller für ihn gebauten fünfsaitigen Tenorbratsche. Ursprünglich hatte Riebl dieses Instrument in Auftrag gegeben, um die Arpeggione-Sonate von Schubert spielen zu können. Auf seiner neuen CD scheint er dieses Instrument nun unabhängig von Schuberts Werk etablieren zu wollen und hat Kompositionen von Beethoven und Brahms dafür eingerichtet und Kompositionsaufträge an zeitgenössische Komponisten vergeben.
Das Repertoire für Viola ist begrenzt. Doch ist es ein Gewinn für den Hörer, wenn auf der Tenorbratsche Werke gespielt werden, die ursprünglich für Violoncello oder Violine komponiert wurden? Bei Beethovens Violoncellosonate fällt auf, dass dem Ton der Tenorbratsche Körperhaftigkeit, Fülle und Resonanz fehlen. Ihr mangelt es an Weichheit und Klangfarbenschattierungen; eine gewisse Härte, Sachlichkeit und Materialhaftigkeit treten in den Vordergrund. Die Tenorbratsche scheint in den Forte-Stellen überfordert, im Piano dagegen etwas dünn.
Thomas Riebl wird von Florian Birsak am Hammerflügel begleitet. Bedauerlicherweise kümmern sich beide Künstler dabei nicht um eine klare, sprechende Artikulation und um klangfarbliche Schattierungen. So ist diese Bearbeitung für Tenorbratsche zwar ein interessantes Experiment, kann aber nicht gegenüber der originalen Violoncello-Fassung bestehen.
Bei der Adaption der Violinsonate von Brahms für Tenorbratsche wird aus einem wunderbaren Meisterwerk der Violinliteratur eine mittelmäßige Komposition. Durch den anderen Klangcharakter der Tenorbratsche geht der Sonate gerade das verloren, was sie für den Hörer so spannend macht: der trotz seiner Weichheit strahlende, nuancenreiche Violinton und ein fließendes, dynamisch schwungvolles, große Spannungsbögen schaffendes Melodiespiel. Auch stellt sich keine Balance zwischen Klavier und Tenorbratsche ein.
Erfreulicherweise überzeugen in dieser CD-Produktion dann doch zwei Kompositionen. Der 1997 geborene norwegische Bratscher und Komponist Michael Andreas Grolid zeigt in seinen Images den großen Klangraum der Tenorbratsche, findet stimmungsvolle Klangfarben und begeistert durch einen tänzerischen, von norwegischer Folklore inspirierten Mittelteil, in dem die Tenorbratsche zugleich Tanzbass und Melodieinstrument ist.
Rudolf Jungwirth (geb. 1955) gelingt es in seiner Gérard Grisey gewidmeten Elegie, das große Klang­spektrum der Tenorbratsche zwischen tiefer F-Saite und der A-Seite und das dynamische Spektrum vom leisesten Piano bis zu einem schreienden Forte zu einem eindrucksvollen und tief bewegenden Werk zu gestalten. Dabei zeigt Thomas Riebl seine Meisterschaft als Interpret auf der Bratsche.
So bleibt dem Rezensenten nur der Rat, zukünftig die Finger von Bearbeitungen zu lassen, aber noch viele neue Werke für dieses interessante Instrument in Auftrag zu geben!
Franzpeter Messmer