Werke von Hindemith, Gulda, Villa-Lobos und Picqueur
Images and Mirrors
Peter Bruns (Violoncello), Clair-Obscur Saxophone Quartet, Sächsische Bläserphilharmonie, Ltg. Thomas Clamor
Friedrich Gulda mein Jahrgang gehörte zu den Wegbegleitern meines Lebens. Er imponierte mir erst als Pianist mit Bach und Mozart, besonders seit ich in den späten 1970er Jahren bei einem Besuch in Villingen erfuhr, dass der Musikproduzent Hans Georg Brunner-Schwer dort in seinem SABA-Studio Bachs Wohltemperiertes Klavier mit Gulda aufgenommen hatte: Diese faszinierende Produktion ist technisch verbessert bei Edel gerade neu erschienen! Bald wurde Gulda frecher, ignorierte Grenzen das passte gut in die Zeit und spielte hinreißend Jazz, komponierte und ließ seinen und meinen heiß geliebten Mozart immer wieder etwa in seiner (auf DVD festgehaltenen) Bühnenshow Legacy bezwingend wiedererstehen, als sei er dessen neue Inkarnation.
In seinem Cellokonzert für Heinrich Schiff lässt er den Solisten mit Blasorchester begleiten. Die fünf Sätze überspannen Form- und Ausdrucksextreme vom Trivialen über Volksfestgaudi und groovigen Funk bis zum Ernsthaft-Gewichtigen eine Gegenwartsbeschreibung, die heute noch passt. Das Werk erfährt hier mit dem Cellisten Peter Bruns eine Wiedergabe, wie man sie bezwingender selten hört. Die sächsischen Bläser zeigen erneut, wie perfekt sie selbst das Aberwitzigste zu spielen verstehen. Das swingt, grunzt, jodelt und jauchzt alpenländisch, dass es eine Freude ist.
Zuvor exekutiert die ganze Bläsermannschaft den Marsch aus Hindemiths Metamorphosen, einer schmissigen Bearbeitung des von Carl Maria von Weber für vier Hände komponierten Klavierstücks op. 60/4. Nach dem Gulda-Konzert spielt Peter Bruns noch den seelenvollen Cellopart der Bachiana Brasileira Nr. 5, jene bekannte Ária von Heitor Villa-Lobos, in einer sehnsuchtsvoll ergreifenden Fassung mit Saxofonquartett. Dieses wirkt auch im letzten Stück der CD, dem Jeu de cartes des Belgiers Bart Picqueur (*1972), solistisch mit. In einer bilderreichen Fantasiewelt verkörpern die Saxofonisten mit Bariton die Herz-Königin, mit Tenor den Pik-Buben, mit Alt die Karo-Zehn und mit Sopran den Joker, der jazzig grimassierend oft im ungeraden Takt herumtanzt.
Es ist begeisternd, wie Thomas Clamor mit seiner geschulten Mannschaft und mit prächtigen Solisten die mir bisher fremde Kombination von Celloton und vier Saxofonen schafft ein feines brasilianisches Flair eine Fülle von Klangfarben erzeugt, die jeden der disparaten Charaktere der Musikstücke und ihre gleichermaßen unterschiedlichsten Fakturen mitreißend mit Leben erfüllt. Der im lesenswerten Booklet fast poetisch- philosophisch wortreich beschriebene CD-Titel Bilder und Spiegel trifft den Kern dieser Auswahl
Diether Steppuhn