Monteverdi, Claudio
Il ritorno d’Ulisse in patria
Es gibt drei gute Gründe, sich Monteverdis Musikdrama Il ritorno dUlisse in patria in dieser Aufzeichnung anzuschauen: Sie dokumentiert eine unwiederbringliche, viel gerühmte Festival-Produktion aus Aix-en-Provence, die eine gute Alternative zu den landläufigen, zeitgeistschnittigen Inszenierungen bietet. Überzeugend um eine eigene filmische und ästhetische Qualität bemüht, ist die DVD weit mehr als ein schwacher Abglanz der realen Aufführung. Exquisite, hierzulande kaum bekannte Sängerdarsteller treten hervor, deren authentische Gebärdensprache in Großaufnahmen eine stärkere Wirkung erzielt.
Überhaupt ist die gleichsam archaisch wie zeitlos anmutende Inszenierung von Adrian Noble (Leiter der Royal Shakespeare Company), die an die Regiearbeiten von Peter Stein erinnert, eine Wucht. Sie ist in ihrer Kargheit sozusagen der totale Gegenentwurf zu den poppig-schrillen Produktionen eines David Alden, der dieses Musikdrama des ausgehenden 17. Jahrhunderts in München inszenierte. Noble rückt die Darsteller in den Vordergrund und verlässt sich auf die emotionalen Wechselbäder, die den Zuhörer wie im antiken Drama berühren und von den Affekten des Alltags reinigen sollen. Ein großes Sandbett mit einigen antiken Tonkrügen im Hintergrund deutet das Ufer von Ithaka an, auf dem Odysseus nach stürmischer Meerfahrt strandet. Sein Schiff symbolisiert ein großes Tuch, das wie ein natürliches Segel flattert. Mit Hilfe von Athene, Göttin der Weisheit, gelangt er in Gestalt eines alten Bettlers nach zwanzig Jahren endlich zurück zu seiner unglücklichen Gattin Penelope, die seine Abwesenheit beklagt und von aufdringlichen Freiern belagert wird. Gerade noch rechtzeitig kommt er, um den entscheidenden Wettbewerb zu gewinnen, der dem Sieger die Königin zur Frau verspricht.
Glanzlicht ist Marijana Mijanovic´, auch im wirklichen Leben mit dem kroatischen Tenor Kres¡imir ¡Spicer (Odysseus) liiert. Die Mezzosopranistin ist eine androgyne Schönheit, besitzt eine ungewöhnlich dunkle große Stimme und eine einmalige Bühnenpräsenz. Einfach ergreifend durchlebt sie alle Nuancen von Schmerz und Verzweiflung. William Christie und sein Ensemble Les Arts Florissants bereiten dafür kongenial und mitreißend den Nährboden.
Kirsten Liese