Klebe, Giselher

Il Giardino

Un Adagio per tre, Violino, Clarinetto in La, Pianoforte op. 147, Partitur

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Bärenreiter, Kassel 2014
erschienen in: das Orchester 10/2015 , Seite 66

Als Faksimile der handschriftlichen Spielpartitur nun postum im Druck erschienen liegt hier ein klangvolles Trio fu¨r Violine, Klarinette (in A) und Klavier vor. Das gut zehnminu¨tige Stu¨ck beginnt ruhig mit einem siebentaktigen Adagio, das durch die von Beginn an deutlich gehämmerten lauten Zweiunddreißigstel in der rechten Hand des Klaviers unter der liegenden großen Sexte, die die Töne in Violine und Klarinette bilden, vorangetrieben wird. Ruhig setzt die Klarinette bald zu einer leisen Kantilene an, die durch in Zweiergruppen gebundene, teils punktierte Achtel charakterisiert wird und in sanften melodischen Wellenbewegungen insgesamt nach oben strebt. Die Violine folgt, ebenso verträumt. Das Klavier, ein eigenständiger Partner im Trio, singt ein etwas anderes Lied und fu¨gt so noch mehr, jenseits vom konventionellen Dur- und Mollsystem liegende, melodische Schönheit hinzu.
Dann wird es temperamentvoller: Agitato begibt sich das Klavier in Sechzehntelsextolen, effektvolle Tremoli in Violine und Klarinette folgen. Doch auch das Klavier darf endlich vier Takte lang die leise, wellenförmig emporstrebende Phrase spielen, wie vorher schon Klarinette und Violine. Überhaupt ist jetzt einige Partiturseiten lang das Klavier der Solist, von einigen kurzen Einwu¨rfen der beiden anderen Instrumente begleitet. Dann haben alle, so scheint es, genug Raum fu¨r solistisches Geplänkel gehabt und das Spiel verdichtet sich. Taktwechsel erfolgen häufiger als vorher, die Dynamik steigt immer mal wieder ins Fortissimo. Eine latente Dramatik macht sich bemerkbar.
Sicher werden die Musiker an den Sechzehntelläufen arbeiten, aber sie werden hier niemals an spieltechnische Limits gefu¨hrt. Alles wirkt, trotz des exakten Gewusels, entspannt. Fu¨r Amateure und junge Schu¨ler allerdings ist dieses Stu¨ck sicher nicht geeignet. Im folgenden Abschnitt im 5/16-Takt mu¨ssen alle Töne sauber zueinander finden – an sich eine Grundvoraussetzung jedes Zusammenspiels, doch hier laufen Klarinette, Violine und die rechte Hand des Klavier teils colla parte. Immer wieder taucht die Kantilene des Anfangs auf, die sich wie ein roter Faden durch das einsätzige Trio zieht. Gegen Ende werden die Töne du¨nner, fast spärlich gesetzt. Da­fu¨r ist häufig espressivo oder cantabile zu spielen. Spannung und Expressivität steigen, obwohl Klebe sich hier schlicht professionell aus der Musik ausschleicht. Die Klarinette darf immer wieder ihre alles prägende Kantilene zitieren, die Violine wiederholt und das Klavier tändelt mit Sechzehnteln – doch nun sparsamer gesetzt. Dann verdichtet sich die Komposition kurz ein letztes Mal, bleibt aber leise. Ein paar Sechzehntel in Klarinette und Violine zitieren die etwas wilderen melodischen Aktionen des Mittelteils, die bald schon von Achteltriolen im Klavier sachte ausgebremst werden.
Ein kleiner musikalischer Klanggarten, bunt und blu¨hend.
Heike Eickhoff