Müller, Hendrik
Identität und Gelingen
Personale, soziale und ökonomische Perspektiven für Berufsmusiker in Praxis und Ausbildung
Das Berufsbild von Musikern ist heterogen, es gibt immer wieder neue Stars, aber auch viele Verlierer. Festangestellte, freiberuflich Schaffende, Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigte, Instrumentalisten und Vokalisten, tariflich vergütet oder auf Honorarbasis, alle zusammen bilden das Berufsbild der Musikschaffenden. Diese spezifische Situation ist für den Autor der Ausgangspunkt seiner Studie und der vorliegenden Publikation.
Dass trotz hochqualifizierter Ausbildung oft nur prekäre Lebensverhältnisse realisiert werden können, ist seit Jahren bekannt und rückt immer mal wieder in den Fokus des Interesses (Künstlerreport, Künstlersozialversicherung u.Ä.). Der Autor leitet daraus die zentrale Fragestellung seiner Forschungsarbeit ab: Wie sieht nach abgeschlossener Hochschulausbildung die Arbeitsrealität aus? Sein Ziel ist es, nach Rezepten für ein gelingendes Berufsleben zu suchen. Dabei definiert er Gelingen mit klaren Kriterien und zeigt auch auf, mit welchen Ressourcen und Einflüssen Gelingen möglich wird. Er möchte die Zusammenhänge in den musikberuflichen Lebenswelten erforschen. Dabei ist ihm die Marktbearbeitung besonders wichtig, da ohne Rezipient keine Dienstleistung entsteht.
Methodisch wählt er einen systemtheoretischen Ansatz und unterstreicht damit die Notwendigkeit, in diesem Untersuchungsfeld unterschiedliche Forschungsrichtungen (Psychologie, Wirtschaftswissenschaften, Soziologie) zu nutzen. Unternehmerische Kompetenzen, die verstanden werden als die Fähigkeit, Ideen in die Tat umzusetzen, stehen im Fokus und damit die Frage, ob die Vermittlung von mehr ökonomischem Know-how ein Lösungsansatz wäre.
Müller stellt insgesamt acht Hypothesen auf. Diese werden zunächst in partialen Strukturmodellen geprüft und anschließend zu einem Totalmodell zusammengeführt. Dabei ergeben sich zwischen dem Partialmodell und dem Totalmodell unterschiedliche Ergebnisse. Dies bewertet der Autor als Bestätigung für die Komplexität der Zusammenhänge und die Nutzung des systemtheoretischen Ansatzes. Der empirische Teil der Untersuchung ist sehr sorgfältig und detailliert bearbeitet, für die Betroffenen aber sicher auch schwer zugänglich.
Müller fügt, gerade durch die ganzheitliche Sichtweise, ein wichtiges Puzzleteil in die vorhandenen Untersuchungen ein und sensibilisiert für Unterschiede in den Berufsgruppen von pädagogisch tätigen versus künstlerisch tätigen Berufsmusikern. Vor allem die Ausbildungsbetriebe (Musikhochschulen) können zahlreiche Anregungen für eine passgenauere Vorbereitung auf die Arbeitsrealitäten daraus ziehen. Für Lobbyisten in Sachen Arbeitsfeld Musik können die Ergebnisse ebenfalls von großem Nutzen sein.
Petra Schneidewind