Werke von Jacqueline Fontyn, Carin Bartosch Edström, Samuel Adler und anderen
Ich ließ mich von den Lüften in raschen Zügen dahin tragen
Violin Duos vol. 5. Duo Gelland
Seit seiner Gründung im Jahr 1994 hat sich das Duo Gelland konsequent für die Besetzung mit zwei Violinen eingesetzt und eine große Anzahl zeitgenössischer Kompositionen angeregt. Einen Teil des über die Jahre hinweg kontinuierlich angewachsenen und in den meisten Fällen für das Duo entstandenen Repertoires – nämlich 31 Werke von insgesamt 28 Komponisten – haben Martin und Cecilia Gelland einer 2003 begonnenen, auf insgesamt sechs Teile angelegten CD-Reihe anvertraut. Diese findet nun mit dem nachträglich veröffentlichten fünften Teil ihren Abschluss.
Wie immer haben die beiden Musiker eine ästhetisch heterogene Auswahl von Kompositionen zusammengestellt und sie – diesmal dem Motto „Ich ließ mich von den Lüften in raschen Zügen dahin tragen“ aus einem Gedicht Karoline von Günderrodes (1780-1806) folgend – zu einem schlüssigen Gesamtbild geformt. Dies gelingt dadurch, dass allen Arbeiten die Auseinandersetzung mit gestischen und tänzerischen Komponenten gemeinsam ist, was den Musikern ein bisweilen extremes Maß an technischer Beweglichkeit und zugleich größtmögliche Fexibilität im Umgang mit den zu erzeugenden Klangfarben abverlangt.
Jacqueline Fontyn (*1930) reflektiert die Duobesetzung in Analecta (1981) anhand von sechs Miniaturen und nimmt dabei jeweils auf engstem Raum einen ganzen Kosmos geigerischer Ausdrucksmöglichkeiten in Anspruch. Paradigmatisch für den hierbei erzeugten musikalischen Reichtum ist das Nacheinander des an fünfter Stelle platzierten „Misterioso“-Stücks (mit wilden Sordino-Klangwirbeln) und des nachfolgenden „Cantabile“-Satzes, der den Zyklus mit einer vielstimmigen Klangentfaltung beendet. Vergleichbar greift auch Samuel Adler (*1928) in den Five Related Miniatures (2014) zu einer Abfolge kurzer Stücke. Indem seine im Zusammenspiel anspruchsvolle Musik unterschiedliche dialogische Haltungen befragt, eröffnet jede einzelne Miniatur einen neuen Hörwinkel auf die Duobesetzung.
Die übrigen Kompositionen der Produktion folgen hingegen einsätzigen Konzeptionen: In Asthmose (2006) von Carin Bartosch Edström (*1965) wird das Duo Gelland mit einer wendigen Musik konfrontiert, deren komplexe Figurationen oft in hohen Registern lokalisiert sind. Geschickt werden – einem Gespräch mit allerlei Wendungen vergleichbar – viele variable Tonfälle miteinander verbunden, wechselt die Musik von einer Situation zur nächsten, um dann in eine choralähnliche Schlusspassage zu münden.
Auch in Volley (2016) von Britta Byström (*1974) kreist der Vortrag der Violinisten um veränderliche Texturen, gipfelt diesmal aber – einen erfrischenden Humor verströmend – in der Unterstützung melodischer Tupfer durch tonhöhengenaues Pfeifen. Die irisierenden Farbwerte der Kompostion Two lives (2013) von Marie Samuelsson (*1956) muten schließlich wie ein gegenseitiges, liebevolles Umschmeicheln und Betasten beider im Vortrag fein aufeinander abgestimmten Duopartner an.
Stefan Drees