Johannes Brahms
Hungarian Dances
arranged by Joseph Joachim. Sabrina-Vivian Höpcker (Violine), Fabio Bidini (Klavier)
Die Ungarischen Tänze von Johannes Brahms erfreuen sich ungebrochen großer Beliebtheit. Dies zeigt sich nicht nur in der Aufführungshäufigkeit in Konzerten, sondern auch in den Zahlen der CD-Produktionen. Auch die Hamburger Geigerin Sabrina-Vivian Höpcker veröffentlichte 2018 zusammen mit dem Pianisten Fabio Bidini eine Aufnahme der 21 Tänze in der von Joseph Joachim bearbeiteten Fassung für Violine und Klavier.
Höpckers Geigenspiel entspricht dabei eins zu eins ihren Fotos auf dem Cover der CD: Sie ist dort in ungarischer Tracht, mit fliegenden Haaren und herumgewirbelten Noten zu sehen. So „wirbelt“ sie auch einem ungarischen Feuerwerk gleich mühelos durch die 21 Tänze. Dabei fällt sofort die makellose Intonation der Geigerin auf. Doppelgriffpassagen und Sechzehntelläufe spielt sie präzise, brillant und teils in rekordverdächtigem Tempo. Ihr breites Klangfarbenspektrum leidet dabei nie unter den geigerischen Höchstschwierigkeiten. So gestaltet sie die Tänze mit luftigen, verspielten und leichten Klängen wie beispielsweise in Tanz Nr. 18 bis hin zur melancholischen Schwere wie zu Beginn von Tanz Nr. 11. Als Paradebeispiel sei hier auch der dritte Tanz erwähnt, den die Musiker mit vorwitziger Leichtigkeit beginnen, ehe sie sich im Mittelteil bis ins Bedrohliche steigern, um wieder in der verspielten Leichtigkeit des Anfangs zu enden.
Höpckers ausdrucks- und effektvolles Spiel der Ungarischen Tänze lebt vom reichlichen, fast schon strapaziösen Gebrauch des Rubato. Das mag auf den einen oder anderen Zuhörer zunächst ungewohnt und vielleicht sogar anstrengend wirken, insbesondere wenn man die „rubato-schlankere“ Einspielung der Tänze 1, 2, 7 und 9 von Perlman und Ashkenazy kennt.
Dieser außergewöhnlich intensive Rubato-Gebrauch erfordert ein perfektes Zusammenspiel mit dem Klavierpartner – und das bieten Höpcker und Bidini eindeutig. Bidini erweist sich dabei als fabelhafter Begleiter, der es versteht, der Joachim’schen Bearbeitung gemäß der Virtuosität der Violine den Vortritt zu lassen. Dabei steht er aber keineswegs im Schatten der Geige, sondern glänzt mit gleichsam schwebender Leichtigkeit bei schnellen Läufen (u.a. im Tanz 1), bietet gekonnt den packenden rhythmischen Unterbau (z.B. im Tanz 18) und schwelgt schwärmerisch aber nie zu aufdringlich in den gesanglichen Passagen (Tanz 17). Klavierspiel mit traumwandlerischer Sicherheit auf höchstem Niveau!
Alles in allem bieten Höpcker und Bidini eine leidenschaftliche, erfrischend andere Einspielung der beliebten Ungarischen Tänze von Johannes Brahms. Die aufnahmetechnisch hervorragend austarierte Aufnahme und nicht zuletzt auch das in Englisch gehaltene Booklet mit weiteren Details zur Entstehungsgeschichte des Werks wie zu den Künstlern sind weitere Pluspunkte dieser CD. Für Hörer, die auf der Suche nach einer nicht alltäglichen Aufnahme der Ungarischen Tänze von Brahms sind, daher eine eindeutige Kaufempfehlung!
Gabriele Hirte