Carl Oestreich

Horn-Quartette Vol. 1

Erstausgabe von Manfred Fensterer, Partitur und Stimmen

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Dohr
erschienen in: das Orchester 02/2020 , Seite 63

Der Komponist Carl Oestreich lebte von 1800 bis 1840. Nach seiner musikalischen Ausbildung in Dresden ging er 20-jährig nach Frankfurt am Main als Hornist ins dortige Theaterorchester. Aus gesundheitlichen Gründen wurde er 1832 früh pensioniert und starb jung.
Die Quartette sind im Jahr 1836 in Frankfurt entstanden. Drei von insgesamt sechs Sätzen sind in vorliegender Ausgabe gedruckt. Als Quelle dieser Erstausgabe dient die Autografpartitur, die in der Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt am Main aufbewahrt ist.
Der Hornist Manfred Fensterer (1946-2001) hat die Quartette bereits 1995 in seinem eigenen Verlag herausgegeben. Nach seinem Tod wurde die von ihm gegründete „Edition mf“ vom Dohr-Verlag in Köln übernommen. Nun sind die Quartette mit einem Vorwort und einem Revisionsbericht mit Bemerkungen zur Ausgabe von Manfred Fensterer in neuem Glanz erschienen.
Die autografe Partitur ist nach Angaben des Herausgebers Fensterer sauber, mit wenigen Schreibfehlern vom Komponisten selbst angefertigt. Die Nummerierung der Stücke wurde später mit einem Rotstift geändert. Sechs anstatt der ursprünglich vorgesehenen zwölf Sätze wurden tatsächlich komponiert. Die Artikulation wurde mit wenigen Ausnahmen unverändert vom Herausgeber übernommen.
Folgender Fehler ist mir aufgefallen: Im ersten Quartett „Tempo di Chorale e sempre portamento“ dieser Ausgabe fehlt in Takt 3 die Terz. Der Takt könnte analog der Parallelstelle Takt 43 mit einem h’ in der dritten Stimme verbessert werden.
Das zweite Quartett „Allegretto“ zeichnet sich durch seinen legeren Charakter aus. Beispiel dafür sind die abwechselnden Sechzehntelnoten und Sechzehntelpausen mit Staccato-Punkten und langen Phrasierungsbögen am Anfang des Stücks. Die Synkopen in der vierten Stimme verleihen eine charmante Leichtigkeit.
Im dritten Quartett „Rondo“ sind in Takt 17 und 18 zwei Pausentakte als Generalpause vorgesehen. Vor den Pausentakten ist in der dritten und vierten Stimme eine Sforzato-Viertelnote notiert, die durch die folgende Pause eine besonders nachhaltige musikalische Wirkung bekommt. In der Partitur in Takt 82 ist der Ton es in der vierten Stimme notiert; in der Einzelstimme fehlt das Vorzeichen.
Die Transposition der Quartette ist nicht festgelegt. Somit kann jedes Hornensemble eine passende Transposition selbst bestimmen. Der notierte Tonumfang erstreckt sich vom G bis a”. Die Bassschlüsselstelle im vierten Horn am Ende des ersten Satzes ist in der Partitur tief notiert. In der Einzelstimme des vierten Horns wurde die moderne Bassschlüsselnotation vom Herausgeber verwendet.
Alle drei Sätze sind für die damalige Zeit typische Charakterstücke. Es wird mehr Wert auf den romantischen Hornklang gelegt als auf virtuose Technik. Die Sammlung ist im mittleren Schwierigkeitsgrad für Hornensembles gut spielbar und kann große Freude beim Musizieren bereiten. Es sind anmutige Beispiele für Horn-Kammermusik der frühen romantischen Epoche.
Thomas Swartman