Werke von Richard Bissill, David Riniker, Klaus Wallendorf und Mason Bates

Horn Discoveries

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Gebr. Alexander 1782
erschienen in: das Orchester 12/2014 , Seite 80

Spätestens seit Sarah Willis ins Rampenlicht getreten ist, fühlt man sich als Hornist irgendwie unvollkommen, wenn man nur Horn spielt. Die in den USA geborene Britin ist Hornistin der Berliner Philharmoniker, Moderatorin, Kursleiterin und nicht zuletzt das Gesicht der Traditionsfirma Gebrüder Alexander. Vor allem Letzteres ist einigermaßen bemerkenswert, denn das in Mainz ansässige Unternehmen darf als Inbegriff deutscher Hornbaukunst gelten und lässt sich nun also von einer Angloamerikanerin, die zudem tiefe Hornistin ist, bewerben. Doch warum nicht?
Vor ein paar Jahren hat Sarah Willis, die Anfang der 1990er Jahre als erste westliche Musikerin an die Staatsoper Unter den Linden kam und später die erste Frau in der Hornriege der Berliner Philharmoniker wurde, für Alexander eine CD mit Trios für Violine, Horn und Klavier aufgenommen. Später folgte die sensationelle Quartett-CD Four Corners mit dem Hornquartett der Philharmoniker und schließlich Opera! mit dem gesamten Hornensemble. Nun liegen die Horn Discoveries vor, neu komponierte oder arrangierte Stücke für Horn und Klavier, Horn, Klavier und Geige und zwei Hörner.
Bei der Recherche zum Umfeld der Aufnahme bleibt man leicht auf der Homepage von Gebr. Alexander hängen, wo Sarah Willis in fröhlichem Plausch mit einem Hornbaumeister (auch er in fließendem Englisch) erklärt, wie man das richtige Horn findet. Auch einem rein weiblich besetzten Meisterkurs, in dem Willis erklärt, warum Frauen anders atmen als Männer, kann man beiwohnen.
Wie auch immer die Hornistin es anstellt: Eines ihrer hornistischen Alleinstellungsmerkmale ist die unglaubliche Tonfülle in der Tiefe, die nahe an den Posaunenklang herankommt. Auf der CD Horn Discoveries kann Sarah Willis diese Qualität allenthalben ausspielen, vor allem gleich zu Beginn im Song of a New World von Richard Bissill – ein Jazzstück, das beste Laune macht. Ganz entzückend sind sechs romantische Arrangements für Horn, Violine und Klavier von David Riniker (einem Cellisten der Berliner Philharmoniker), gespielt mit der Geigerin Kotowa Machida und dem Pianisten Philip Mayers: Tschaikowsky, Dvorák, Bizet, Debussy, Schubert. Es ist zum Dahinschmelzen.
Gewitzt sind auch die fünf Duette vom Berliner Hornkollegen Klaus Wallendorf, der bekennender Willis-Fan ist, ihr die Willisabethan Sarahnade gewidmet hat und auch selbst mitspielt. So richtig will der Funke dabei jedoch nicht überspringen, der musikalische Gehalt scheint eher begrenzt. Überzeugender sind die Mainframe Tropics (wiederum für Trio), die im postmodernen Großstadtsound daherkommen. Der abschließende Satz Greyhound endet, wie nach den früheren CDs beinahe zu erwarten, früher als angegeben und öffnet das Feld für dadaistische Dialog- und Musikfetzen, die offenbar vor allem deutlich machen sollen, wie viel Spaß hier alle an der Arbeit haben – eine Technik, die sich irgendwann aber auch abnützt. Dass Spitzentöne bei einer gelernten tiefen Hornistin nicht ganz so locker sitzen, stört weniger, dafür mehr das rein in Englisch gehaltene Booklet.
Johannes Killyen

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