Werke von Robert Schumann, György Kurtág und Jörg Widmann

Hommage à Schumann

Kammerata Luxembourg

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Brilliant Classics
erschienen in: das Orchester 01/2020 , Seite 75

Diese Aufnahme ist in angenehmer Weise den leisen Tönen verpflichtet und verfolgt mit Bearbeitungen und Neuschöpfungen einen originellen Weg zu Robert Schumann. Dafür steht die Kammerata Luxembourg, die ihr Herkunftsland im Namen trägt und im Grunde ein innovativer Kammermusikverein ist, der sich anlässlich dieser Produktion einen neuen Namen gegeben hat. Der Verein tritt als Konzertveranstalter vor allem für zeitgenössische Musik auf und setzt sich zugleich aus Interpreten zusammen, die auch auf dieser CD zu hören sind. Mit Hommage à Schumann greift die Kammerata den starken Einfluss auf, den der große Romantiker auf Komponisten der Gegenwart ausübt.
Zu hören sind zuerst die Fantasiestücke op. 73 – im Original für Klarinette oder Cello oder auch Brat­sche und Klavier komponiert – und die späten sechs Gesänge op. 107. Sie wurden vom Komponisten Aribert Reimann für Flöte, Klarinette, zwei Bratschen und Harfe bzw. für Singstimme und Streichquartett bearbeitet. Die intime, zutiefst romantische Faktur der Fantasiestücke wird aufgebrochen, der Klang wird lichter und aufgefächert, mit Flageoletttönen auch verfremdet. So wird spannend und überzeugend ein Werk neu erzählt und hier ebenso auch interpretiert.
Die Sechs Gesänge, die gegenüber den großen Liederzyklen Schumanns eher wenig beachtet werden, wirken im Arrangement für Streichquartett in Teilen sogar expressionistisch. Die Singstimme, so eine Intention Reimanns, soll nicht mehr über der Klavierbegleitung stehen, sondern mehr in den Satz integriert sein. Das kann theoretisch funktionieren, praktisch steht dem bei dieser Aufnahme die scharf timbrierte und eher wenig ausdruckstiefe Stimme der Sopranistin Mariette Lentz entgegen.
Schumanns Sechs Studien in kanonischer Form op. 56, ihrerseits eine Hommage an Bach, haben eine eigene spannende Geschichte: Sie sind im Original für das Pedalklavier geschrieben, das – gerade neu erfunden – in der Düsseldorfer Wohnung der Schumanns stand und zuerst als heimisches Übungsinstrument für Orgelwerke gedacht war. Robert Schumann hat bald eigene Werke dafür geschrieben, die heute mehrheitlich in Bearbeitungen erklingen, weil das Instrument sich nie durchsetzen konnte. Neben Transkriptionen für Klavier zu vier Händen gibt es eine hochromantische Version für Klaviertrio, die auf dieser Aufnahme glutvoll dargeboten wird.
Einen hochrangigen zeitgenössischen Kontrapunkt bilden die Hommage à R. Sch. op. 15d des großen ungarischen Komponisten György Kurtág und das Nachtstück von Jörg Widmann für Klarinette, Klavier und Cello bzw. Bratsche. Das ist hochexpressive Musik, die im Falle Widmanns aufgeladene Klangsplitter am Ende zu einem düsteren Gesamtklang fügt. Höchster Ausdruck mit sparsamen Mitteln, romantische Schattenfetzen im Anklang an Schumann, das eignet den Werken Kurtágs.
Insgesamt eine Aufnahme von hohem Repertoirewert mit leichten Abstrichen bei der Interpretation und einem Booklet leider ohne deutschem Text.
Johannes Killyen