Frederik Köster
Homeward Bound Suite
Frederik Köster (Trompete), Sebastian Sternal (Klavier), Joscha Oetz (Kontrabass), Jonas Burgwinkel (Schlagzeug), Philharmonisches Orchester Hagen, Ltg. Florian Ludwig
Für Jazzmusiker erfüllt sich meist ein Traum, wenn sie einen Kompositionsauftrag für ihre Band plus Sinfonieorchester erhalten so auch für den Trompeter Frederik Köster, als er für das Festival Sauerland-Herbst 2016 einen Kompo-sitionsauftrag für ein Konzert des Philharmonischen Orchesters Hagen und seines Jazzquartetts Die Verwandlung erhielt. Die Arbeit an der Partitur prägte das Ziel einer, so Köster selbst, Begegnung von Jazzband und Orchester. Damit steht er nicht allein. Eine Synthese der Klangwelten gelang bislang kaum einem Komponisten.
Köster leitet seine “Homeward Bound Suite” mit orchestralen Wellenbewegungen ein, aus denen sich zunächst die Holzbläser und später das Jazzquartett herausschälen, während das Orchester untermalend in den Hintergrund tritt. Dieses für den Prolog prägende Motiv wiederholt sich in weiteren Sätzen des siebenteiligen Werks: im Titelstück Homeward Bound und dem Epilog. Dabei wird es in Ersterem von der Jazzrhythmusgruppe, von Köster, den Streichern, dem Jazzquartett und dem Orchester ausgedeutet, während sich Kösters Trompete in der Schlussnummer in das Orchester integriert.
Hier und in den übrigen vier Sätzen stellt Köster die Band und das Orchester einander gegenüber. So besteht zum Beispiel die Grundstruktur von Family Tree aus Orchestereinleitung, Jazzquartett mit Orchesterhintergrund, Neuaufbau durch das Orchester und einem gemeinsamem Power-Finale. Ähnlich einfach ist auch Das Land der 1000 Berge gegliedert. Hier entführen Harfe und Holzbläser in romantische Gefilde, auf die Kösters Trompete zunächst mit Glanzlichtern reagiert, bevor diese verebben.
Die Wurzeln und Flügel spannen den Bogen von fast sakralen Bläsern über eine verträumte Quartettpassage, eine kantige Orchesterpassage mit integriertem Schlagzeugsolo zur Solovioline, die über einem Streicherteppich ins Off schwebt. Kyrill wiederum ist primär eine Quartettnummer, in die sich das Orchester mehrmals einklinkt und wieder zurückzieht: alles ganz nett, aber kein Highlight komplexer zeitgenössischer Kompositionskunst.
Andererseits greift Köster von der Romantik und Filmmusik viele Hörgewohnheiten auf. Er meidet alles Sperrige und arrangiert insbesondere während der Passagen, in denen die Jazzband oder er selbst im Vordergrund stehen, mehr flächige, überraschungsarme Orchesterhintergründe. Dabei steht er eher in der Tradition der Radio- und Fernsehorchester, die seit den 1950er Jahren populäre Melodien für den Hörfunk oder Fernsehshows aufbereitet haben oder neue unterhaltsame Werke in diesem Feld der leichten Muse komponieren ließen.
Der Mitschnitt der Uraufführung vom 2. November 2016 in der Stadthalle Mülheim bietet ein an-genehmes, ausgewogenes Klangbild ohne Überbetonungen oder Vernachlässigung einzelner Gruppen. Orchester, die neben dem tradierten Repertoire eine Cross-over-Schiene eingerichtet haben, werden ihr Publikum mit einer eigenen Aufführung sicher erfreuen.
Werner Stiefele