Rohrmaier, Rudolf
Hofkapellmeister Alban Förster
Ein Reichenbacher Musiker im Spiegelbild seiner Zeitgenossen, Schriftenreihe des Neuberin-Museums, Bd. 30
Das 1994 im westsächsischen Reichenbach eröffnete Neuberin-Museum pflegt nicht allein das Andenken der großen Theaterreformatorin Friederike Caroline Neuber. Die Einrichtung erinnert in Abständen auch an andere bedeutende Töchter und Söhne der Stadt. So widmet sich der jüngste Band der Schriftenreihe des Museums dem Musiker Alban Förster (1849-1916), der es in Neustrelitz zum Hofkapellmeister brachte, dessen Oper Lorle nach der Uraufführung 1891 am Dresdner Hoftheater über eine Reihe weiterer deutscher Bühnen ging und der seinerzeit vor allem als Liedkomponist geschätzt war.
Der Verfasser der Publikation, der Reichenbacher Mediziner Rudolf Rohrmaier, forschte fünf Jahre in Archiven und Bibliotheken, korrespondierte eifrig mit Musikwissenschaftlern und Historikern, um Licht in Leben und Werk des Sohnes eines kleinen Textilunternehmers zu bringen. Damit erwies Rohrmaier nicht allein der Vaterstadt einen Dienst; sein in 14 Kapitel gegliedertes, eine klare, einfache Sprache bevorzugendes Buch lenkt den Blick auf eine exemplarische deutsche Musikerexistenz in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sowie auf zwei interessante Orchesterstandorte. Förster, in Dresden als Geiger, Pianist und Komponist ausgebildet, entscheidet sich 1871 nach Stippvisiten in Karlsbad, Stettin und Breslau für die niedrig dotierte, aber sichere Stelle eines ersten Violinisten in der Hofkapelle des gut 100000 Einwohner zählenden Großherzogtums Mecklenburg-Neustrelitz. Nach einem Zwischenspiel als Lehrer am Dresdner Konservatorium wirkt er in Neustrelitz dann von 1882 bis 1908 als Hofkapellmeister und Leiter der dortigen Singakademie.
Rohrmaier gibt detailliert Auskunft über Orchesterstärken, Spielpläne, Rechtsverhältnisse, soziale Probleme. Wir erfahren, dass die Stadtkapelle Reichenbach große Teile des klassischen und romantischen Repertoires gepflegt hat, dass in Neustrelitz Großherzogin Augusta Caroline Proben wie Aufführungen lautstark kommentierte und auch das letzte Wort hatte, wollte sich ein Mitglied der knapp 30-köpfigen Hofkapelle verheiraten. An ihrem Hof herrschte überdies ein striktes Leistungsprinzip. Zu Dienstantritt wurde selbst dem Hofkapellmeister nur ein knappes Salär gewährt. Alles Weitere etwaige Zulagen, Naturalien, Pensionen lag bei treuer Pflichterfüllung im Belieben der Herrschaft.
Auf welcher Höhe die Hofkapelle stand, die Förster von August Klughardt übernahm, zeigt die Berufung von acht Musikern 1876 ins erste Bayreuther Festspielorchester. Interessant des Weiteren die Belege, die Rohrmaier für die europaweite Vernetzung von Interpreten und Komponisten anführt. Auch im vielgepriesenen romantischen Jahrhundert lief ohne ein ständiges Geben und Nehmen nichts. Försters Kompositionen, die der Autor akribisch auflistet, scheinen im Übrigen einer erneuten Prüfung wert. Jüngst führte die Vogtland Philharmonie Greiz/Reichenbach seine 1885 für ein Thronjubiläum geschaffene Festouvertüre in D-Dur auf. Die konnte sich, beste schwerblütige Spätromantik, hören lassen.
Volker Müller