Johann Sebastian Bach

Himmelfahrtsoratorium BWV 11; Wer da gläubet und getauft wird BWV 37; O ewiges Feuer, o Ursprung der Liebe BWV 34

Jasmin Hörner (Sopran), Julien Freymuth (Countertenor), Christian Rathgeber (Tenor), Christian Wagner (Bass), Gutenberg-Kammerchor, Neumeyer Consort, Ltg. Felix Koch

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Rondeau Production
erschienen in: das Orchester 11/2018 , Seite 71

Dem Modell des wenige Monate zuvor aufgeführten Weihnachtsoratoriums folgend griff Bach für den Einleitungschor und die beiden Arien des 1735 entstandenen Himmelfahrtsoratoriums auf zuvor komponierte weltliche Kantaten zurück. Die Altarie formte er Jahre später zum Agnus Dei der h-Moll-Messe. In der Sopranarie pausiert der Bass, Singstimme und Holzbläser werden gestützt von einem „Bassetto“ der unisono geführten hohen Streicher. Der Evangelienbericht (Tenor), die Accompagnato-Rezitative und der Schlusschoral sind Neukompositionen. Letzterer bettet eine h-Moll-Melodie in einen festlichen D-Dur-Orchestersatz. Die Besetzung mit Trompeten, Pauken, Flöten und Oboen sowie ein überwiegend homofoner, manchmal frei polyfoner Satz geben dem Werk einen festlichen Charakter.
Äußerlich bescheidenere Mittel verwendet die Himmelfahrtskantate BWV 37 von 1724. Zwei neben den Streichern selbstständig geführte Oboen d’amore fügen sich mit dem Choreinsatz zu einem zehnstimmigen polyfonen Satz äußerster Dichte, in dem überdies einzelne Motive einen Bezug zu Choralmelodien erkennen lassen. Die verschollene Soloviolinstimme der Tenorarie erscheint in einer stilgerechten Rekonstruktion. Es folgt ein Choralduett mit frei imitierenden Stimmen über einem tänzerisch bewegten Continuobass. Die Melodik der Bassarie zeigt eine bildhaft aufsteigende Bewegungsrichtung.
Die Pfingstkantate BWV 34, in ihrer überlieferten Gestalt vermutlich 1746 von Friedemann Bach in Halle aufgeführt, geht auf eine 20 Jahre zuvor entstandene Trauungskantate zurück, könnte aber, wie neuerdings vermutet wird, schon zu Pfingsten 1727 in Leipzig erklungen sein. Trompeten, Pauken und Oboen stehen für den festlichen Glanz, lebhafte 16tel-Figuren für mitreißende Vitalität der Rahmensätze, auch in den fugierten Abschnitten, wozu der pastoral-verhaltene Charakter der einzigen Arie einen starken Kontrast bildet.
Die hier vorgestellten Werke gehören technisch wie musikalisch zu den anspruchsvollsten ihrer Art. Das Neumeyer Consort wird diesen Ansprüchen bestens gerecht. Dies gilt leider nicht in gleichem Maße für die sängerischen Leistungen. Hier vermag nur Christian Wagner vollends zu überzeugen. Intonationstrübungen, besonders in hohen Lagen, und rhythmische Ungenauigkeiten sollen hier nicht im Einzelnen belegt werden. Der Gutenberg-Kammerchor ist mit 40 Sängern stark be­setzt, leidet aber an einem eklatanten Mangel an Tenören, die dies mit erhöhtem Krafteinsatz zu kompensieren versuchen. Artikulation und Phrasierung bleiben hinter den Standards kleiner professioneller Chöre zurück. Ein überdeutlich fehlgeleiteter Tenoreinsatz im Schlusschor von BWV 11 (T. 24 ff.) ist ein Indiz für mangelnde Sorgfalt. So ist es bedauerlich, dass etliche gute Ansätze, die überdies von der Aufnahmetech­nik in den Schatten gestellt werden, sich nicht entfalten können.
Jürgen Hinz