Laufer, Norbert
heart.beats
für Bassklarinette solo
Diese Musik arbeitet häufig mit 60 Schlägen pro Minute. Das ist in etwa der Ruhepuls eines gesunden Erwachsenen; hier wird er von der Bassklarinette ausgeführt. Sieben Minuten lang pulsiert und singt die Bassklarinette solo durch dieses spielfreudige, bühnenwirksame Werk. Ein bisschen schreit der Notentext nach einer Umsetzung der Musik in Tanz oder Bewegung zum Klarinettenspiel. Ein Klarinettist und ein Tänzer zusammen auf der Bühne das passt hier sicher.
Ein paar neue Spieltechniken würzen das Pulsieren. Der Notentext ist angenehm groß und wendefreundlich gedruckt. Jeder Takt erschließt sich musikalisch beim ersten Lesen, denn es sind weder unbekannte Abkürzungen nachzuschlagen noch krause Läufe zu entziffern. Eine Taktart gibt es nicht. Schnelle Passagen, in denen das Tempo bis auf 132 angezogen wird, die Bassklarinette Sechzehntel in Gruppen mit zuerst zwei, dann drei aneinander gebundenen Noten zu spielen hat, beschleunigen den Herzschlag. Immer wieder folgt ein plötzliches Piano effektvoll auf ein Forte und umgekehrt. Kurze Melodiefragemente (cantabile) unterbrechen Sechzehntelfiguren und Achteltonrepetitionen. Zusätzlich sind die Kantilenen leise, die repetierten Achtel laut zu spielen. Das gibt simple, aber effektvolle Kontraste, zumal die Achtel kurz gespielt werden sollen. Kontrastreich wie das Leben, das mehr als nur den Ruhepuls zu bieten hat.
Häufig kehrt das Anfangstempo, der Puls von 60 Schlägen pro Minute, zurück. Die Bassklarinette muss irgendwann hinauf bis zum notierten b”’ das dann sogar häufig. Da klingt sie ein wenig gespenstisch: wieder ein Kontrast. Flageoletts bringen weitere Klangfarben, werden aber sparsam gesetzt. Wenn man das Mundstück abnimmt und es ohne Klarinette anspielt, ergeben sich bekanntermaßen weitere Sounds. Rhythmisch, fast perkussiv wirkt es, wenn man denselben Ton immer wieder auf dem Mundstück hervorbringen muss. Das fordert Laufer am Ende. Für den Klarinettisten ist das gut ausführbar, denn der Komponist hat einen Takt Pause zum Abnehmen des Mundstücks vorgesehen und lässt anschließend den Musiker auf der Bassklarinette ohne Mundstück blasen. Beide Techniken lässt Laufer also aufeinander folgen. Das sieht vorausgesetzt es wird mit ein bisschen Eleganz der Bewegungen des Musikers ausgeführt imposant aus. Klanglich bieten diese Techniken weitere Kontraste. Löblicherweise muss das Mundstück nun nicht wieder aufgesteckt werden, denn die heart.beats sind nun zu Ende.
Dieses Musikstück gehört sicher nicht zu den technisch anspruchsvollen Brechern, die mit atemberaubender Virtuosität den heroischen Übewillen des Musikers fordern. Aber es bietet kontrastreiche, spielfreudige Unterhaltung, mag so manches Programm bereichern und gibt der Bassklarinette eine Möglichkeit, solo im Rampenlicht zu stehen.
Heike Eickhoff