Joseph Haydn

Haydn

Sinfonie Nr. 43 Es-Dur/Sinfonie Nr. 44 e-Moll/Sinfonie Nr. 47 G-Dur; Concerto Copenhagen, Ltg. Lars-Ulrik Mortensen

Rubrik: Rezension
Verlag/Label: Berlin Classics
erschienen in: das Orchester 3/2025 , Seite 73

Joseph Haydns künstlerische Meisterschaft ist in den hier eingespielten drei „Sturm und Drang“-Sinfonien der Jahre 1770-72 jederzeit hörbar. Die Sinfonie-Titel wurden der Musik posthum angehängt und sind ebenso irreführend wie diverse Details im Booklettext, der sich immer wieder in Legenden und Abwegen verliert.
Das Concerto Copenhagen spielt in fast kammermusikalischer Besetzung (3 erste und 4 zweite Violinen, kein unterstützendes Tasteninstrument), die klangliche Balance ist zumeist bestens gewährleistet – nur wenn die Streicher mit Dämpfer spielen, passt sie nicht mehr ganz. Die Wiedergaben beeindrucken durch Präzision, agogische Sorgfalt und ein reiches Klangfarbenspektrum, mit harmonischen Schärfungen an entsprechenden Schaltstellen. Lars-Ulrik Mortensen gibt der Musik viel Raum zu atmen, gelegentlich fast zu Lasten dramaturgischer Kontinuität. Die intime Tiefe der langsamen Sätze kommt so aber ganz besonders zur Geltung.
Der Charakter der einzelnen Sinfonien wird stark herausgearbeitet – gerade der unterschiedliche Zugang zu den beiden Dur-Sinfonien ist bestechend. Zum einen wird hierdurch die Dramaturgie der CD, zum anderem aber auch die Entwicklung von Haydns Kompositionsstil auch innerhalb eines verhältnismäßig kurzen Zeitraums fasslich. Gerade die G-Dur-Sinfonie Hob. I:47, in deren Ecksätzen die ausführlichen Expositionen wiederholt werden, wird in durchaus individueller Weise dargeboten, im Kopfsatz teilweise fast wie ein Rückblick auf eine französische Ouvertüre. Durch die nicht hinreichend variierte Wiederholung der Exposition des Kopfsatzes ergeben sich leider Längen, die die Überzeugungskraft der Wiedergabe beeinträchtigen; da überzeugt das Finale mehr, auch durch die Entscheidung, an bestimmten Stellen die ersten Violinen besonders herauszustellen und stellenweise die Harmonik geradezu ruppig zuzuspitzen. Im Variationensatz gerät der Austausch zwischen den Instrumenten und damit die Klangbalance stellenweise ein wenig aus den Fugen. Das palindromartig Besondere des „Menuet al Roverso“ (nicht zuletzt die Betonung der dritten Taktzeit) ist hier eher gemildert als hervorgehoben.
In der e-Moll-Sinfonie (Erstveröffentlichung 1781) arbeitet Mortensen das Gestische der Musik „sprechend“ heraus, hebt auch hier im Kopfsatz das „Barocke“ der Musik hervor. Der Kanon im Menuettsatz weist nicht nur den Satztechniker Haydn aus, sondern hatte auch auf die Sinfonik späterer Jahrzehnte Einfluss. Die aparte Wirkung des Adagio ergibt sich durch die durchgehend mit Dämpfer spielenden Streicher. Im Finale hätte man sich abermals etwas mehr Mut zur Variation in der Wiederholung der Exposition gewünscht. Doch ist das nur ein kleiner Wermutstropfen: Die Bedeutung von Haydns Sinfonie für Mozarts Spätwerk ist jederzeit hörbar.
Jürgen Schaarwächter