Harnoncourt & Haydn / Harnoncourt & Bach / Harnoncourt & Dvorak / Harnoncourt & Beethoven / Harnoncourt & Brahms / Harnoncourt & Händel / Harnoncourt & Mozart / Harnoncourt & Schubert / Harnoncourt & Schumann / Harnoncourt & Johann Strauss II
Wir Musiker ja alle Künstler haben eine machtvolle, heilige Sprache zu verwalten. Wir müssen alles tun, dass sie nicht verloren geht im Sog der materialistischen Entwicklung. Diese Worte äußerte Nikolaus Harnoncourt in einer Rede anlässlich des Mozart-Jahrs 1991.
Nun ja, verloren geht derzeit sicherlich nichts von dem, was Nikolaus Harnoncourt in seinem ungewöhnlich facettenreichen Leben je einspielte. Anlässlich seines 80. Geburtstags hat Warner Classics & Jazz, der die Teldec gehört, etliches aus Harnoncourts reichem Schaffen in neuer Zusammenstellung auf den Markt gebracht. Zehn Doppel-CDs widmen sich dem Schaffen jeweils eines Komponisten. Mit den unterschiedlichsten Orchestern wird eine bunte Auswahl aus dem jeweiligen Gesamtwerk präsentiert. Breit gefächert kommt Bach daher: die Zusammenstellung der beliebtesten Einzelsätze aus Orchestersuiten, Brandenburgischen Konzerten, den Passionen, dem Weihnachtsoratorium, Kantaten, Solo-Konzerten und dem Musicalischen Opfer erinnert allerdings fatal an ein Wunschkonzert. Ähnlich sind die beiden Händel-CDs ausgestattet: Neben Exzerpten aus
diversen Oratorien und Opern gibt es hier erfreulicherweise manches Orgelkonzert oder Concerto Grosso komplett zu hören.
Mozart zum Mitsingen wäre wohl der passende Titel für die entsprechenden CDs. Alles, was man so kennt (ein Satz KV 550, ein Satz aus der Nachtmusik, diverse Opernarien und Ouvertüren, Einzelsätze aus Konzerten), tummelt sich hier; einzig Harnoncourts überragende Dirigierkunst und das hohe Niveau der Einzeleinspielungen vermögen geringfügig zu trösten. Sowohl bei Haydn als auch bei Beethoven gibt es im Potpourri
immerhin eine Sinfonie als Ganzes. Schubert und Schumann schließen sich nahtlos an, wobei eine Folge von immerhin acht Sätzen aus Schumanns eher unbekannter Genoveva heraussticht. Brahms, Dvorak und
Johann Strauß vervollständigen die Reihe.
Hoch ist die Anzahl der Mitwirkenden, wie das bei einer derartigen Zusammenstellung aus dem Lebenswerk eines der ganz Großen üblich ist. Alles, was Harnoncourt an Orchestern dirigiert hat, ist hier versammelt; ebenso die wichtigsten Chöre und eine Vielzahl weltbekannter Solisten. Ein bisschen spiegelt diese vielfarbige Mischung sicherlich auch die musikalische Zeitgeschichte der vergangenen gut vierzig Jahre. An Harnoncourts Worten: Die Kunst ist eben keine hübsche Zuwaage sie ist die Nabelschnur, die uns mit dem Göttlichen verbindet, kann sie sich wohl nicht messen.
Marie-Theres Justus-Roth