Engelbert Humperdinck

Hänsel und Gretel

Auszüge. Sächsische Bläserphilharmonie, Ltg. Thomas Clamor

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Genuin
erschienen in: das Orchester 03/2019 , Seite 67

Die in den frühen 1890er Jahren entstandene, spätromantische Oper Hänsel und Gretel von Engelbert Humperdinck gehört zu den meistgespielten Werken deutscher Musiktheater. Auch wenn die Märchenoper an keiner einzigen Stelle in der Partitur mit Winter oder Weihnachten in Verbindung gebracht werden kann, erklingt dieses Stück vielerorts ausschließlich in der dunklen Jahreszeit. Bereits die Uraufführung fand im Dezember statt: Am 23. Dezember 1893 wurde das vom Komponisten scherzhaft als „Kinderstubenweihfestspiel“ betitelte Opus unter der Leitung von Richard Strauss in Weimar uraufgeführt.
In der hier vorliegenden Aufnahme ist die Sächsische Bläserphilharmonie unter der Leitung ihres Chefdirigenten Thomas Clamor zu erleben. Für die Produktion wurde das Arrangement von Siegmund Goldhammer (*1932) verwendet, welches dieser mit viel Bedacht und Sachkenntnis erstellt hat.
Bestechend schön ist die Ouvertüre musiziert, in welcher bereits viele Themen der Oper musikalisch aufgegriffen werden. Hier sind die Streicherstimmen so geschickt an Holz- und Blechbläser verteilt, dass sich trotz der Blasorchesterbesetzung ein sehr authentisches Klangbild ergibt.
Der Klangkörper kommt mit dieser Produktion seiner selbst auferlegten Verpflichtung der Nachwuchsförderung nach, indem vier der fünf mitwirkenden Sänger Preisträger des jährlich stattfindenden Wettbewerbs der Internationalen Sächsischen Singakademie Torgau sind. Ausdrucksstark und mit wunderschönem Timbre überzeugen Caroline Schnitzer (Gretel) und Anne Petzsch (Hänsel). Leevke Hambach brilliert gekonnt als Taumännchen. Die Mezzosopranistin Josephin Queck ist sowohl als Mutter wie auch als Sandmann zu erleben. Zupackend und energisch verkörpert sie die Mutter, während sie für den Sandmann ein langsames, geradezu schwelgerisches Tempo in Kombination mit einem knabenhaften Klang wählt, was dieser Partie sehr entgegenkommt. Bravourös singt Frederik Tucker den Vater. Er versteht es geradezu meisterhaft, durch die Deutlichkeit seiner Sprache den Witz einerseits und die Tiefgründigkeit anderseits dieser Rolle hervorzuheben.
Von höchster Qualität ist die Leistung der Sächsischen Bläserphilharmonie unter ihrem Chefdirigenten Thomas Clamor. Das Orchester meistert auch die schwersten Stellen der Partitur mühelos, glänzt von der ersten Minute an durch erstklassiges Zusammenspiel und ist exzellent ausbalanciert. Ein Genuss!
Überaus spannend zu lesen ist das Booklet, welches mit Hintergrundinformationen zum Projekt, den Mitwirkenden, aber auch mit einer gelungenen Zusammenfassung von Tilmann Böttcher zur Märchenoper selbst und ihrem Komponisten punktet.
Die Produktion Hänsel und Gretel mit der Sächsischen Bläserphilharmonie beweist einmal mehr, dass das Musizieren mit einem hervorragenden sinfonischen Blasorchester unter erstklassiger Leitung zu sehr hörenswerten Ergebnissen führt.
Kristin Thielemann