Prieser, Marcus
Grundlagen des Dirigierens
Schlagtechnik Probenarbeit Aufführung
Schulmusiker, Kirchenmusiker, Dirigierstudenten und Leiter von Amateurorchestern und -chören sie alle benötigen für ihre Arbeit gewisse technische Grundlagen des Dirigierens. Diese sind, so der Autor, oft gar nicht so leicht zu erlangen, da die meisten Publikationen sich eher an fortgeschrittene Aspiranten richten. So beginnt dieses Buch wirklich ganz am Anfang, empfiehlt Körperhaltung und Atmung für Dirigenten; zeigt anhand von Skizzen die Schlagfiguren bei geläufigen und ungeläufigeren Taktarten; geht auf Abschlag, Einsätze und Fermate ein; erklärt die herausragende Bedeutung von Pausen in der Musik; und erläutert schließlich Bedeutung und Aufgaben der linken Hand und eines wahlweise einzusetzenden Taktstocks.
Soweit wendet sich diese Neuerscheinung also an absolute Anfänger
die im Klappentext ebenfalls angesprochenen Dirigierstudenten dürften jedenfalls entschieden nicht mehr zur Zielgruppe gehören und schreckt auch nicht zurück vor der Erwähnung von Selbstverständlichkeiten wie: eine aufrechte und trotzdem natürlich lockere Körperhaltung ist anzustreben oder der Abschlag sorgt für einen gleichzeitigen Schluss aller Musizierenden.
Die Überraschung folgt dann beim Kapitel Übungen zur Schlagtechnik, wenn es an die Auflistung einiger Musikbeispiele als Übungsstücke geht: Griegs Morgenstimmung ist da etwa aufgelistet, ebenso wie Beethovens Pastorale, Ravels Pavane pour une enfante défunte und Debussys
Prélude à laprès-midi dun faune. Allesamt auch ordentlich als Übungs-
stücke für den 2er-, 3er-, 4er- oder 9er-Takt klassifiziert. Nur: Wozu, bitte, braucht, wer diese Stücke überhaupt schon in Partitur lesen, geschweige denn dirigieren kann, ein solches Buch? Dass die Übungen zur Unabhängigkeit der Arme erst nach dieser Auflistung folgen, macht die Sache auch nicht logischer. Und umgekehrt dürfte, wer das Buch auf der Suche nach anfänglicher Hilfe zum Dirigat erstanden hat, mit den darin abgebildeten Partiturseiten (u.a. etwa aus Dvoráks Tschechischer Suite oder Dukas Zauberlehrling
) doch ziemlich rettungslos überfordert sein. Allein mit der Lektüre, wohlgemerkt, von der praktischen Umsetzung ganz zu schweigen.
Weiter geht es dann mit Kapiteln zur Programmzusammenstellung und zur Probenarbeit (Es ist wichtig, die Proben bis zum Konzerttermin so zu planen, dass das Stück rechtzeitig zum Konzert beherrscht wird), und schließlich geht der Autor auch noch auf musikalische Interpretation, Sitzordnungen in Orchestern und Chören, alte Schlüssel (Sopran, Alt und Tenor!) und transponierende Instrumente ein, wobei er inhaltlich nicht über absolutes Grundwissen hinausgeht.
Insofern: Wirklich ein Buch für Anfänger, die daraus zweifelsohne viel Nutzen ziehen können, wenn sie die diversen Notenbeispiele und Übungsvorschläge konsequent ignorieren und sich weniger frustversprechender und ihrem natürlicherweise noch bescheidenen Niveau entsprechender Beispiele bedienen.
Andrea Braun