Growing with Grancino

Book 1: 1st position / Book 2: 1st and 2nd position / Book 3: 1st to 3rd position / Book 4: 1st to 4th position

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Grancino Editions, Santa Barbara 2010
erschienen in: das Orchester 04/2012 , Seite 67

Celloduette aus dem 18. Jahrhundert sind nicht nur eingängig, sondern auch spannend vielfältig. Hierin liegt jedoch das Problem für angehende Cellisten: Aus der Sonata I aus den zwölf Sonaten für zwei Violoncelli von Giovanni Battista Somis etwa könnten Anfänger den dritten Satz (Allegro) ohne größere Schwierigkeiten spielen, für den zweiten Satz (ebenfalls Allegro) aber wäre eigentlich ein höheres technisches Niveau vonnöten.
Hier setzt die Reihe Growing with Grancino an, die in dem auf die Veröffentlichung unbekannter oder vergessener Musik des 17. und 18. Jahrhunderts spezialisierten Verlagshaus Grancino Editions mit Sitz in Santa Barbara erschienen ist. In bisher vier Büchern sind Sätze aus Sonaten und anderen Werken für zwei Celli nach ihrem Schwierigkeitsgrad zusammengestellt. Dabei bewegen sich die Stücke nicht nur von Buch zu Buch in immer höhere Lagen, sondern werden auch insgesamt, etwa in rhythmischer Hinsicht, anspruchsvoller. Die in Buch 1 erscheinende sechste Imitation aus Bernard Stiastnys Il Maestro ed il Scolaro dürfte fast vom Blatt spielbar sein. In Band 4 hingegen wird es teilweise schon richtig virtuos: An Doppelgriffen in Joseph Reinagles Prelude in C aus den 30 Progressive Lessons for the Violoncello, schnellen Läufen und weiten Tonsprüngen in der Sonata I aus den zehn Sonaten für Violoncello von Antonio Vivaldi und anderen technischen Herausforderungen kann sich der Celloschüler hier versuchen.
Nicht bei allen ausgewählten Stücken also handelt es sich im Original um Celloduette. Vielmehr befinden sich etliche Bearbeitungen darunter, z.B. für zwei Celli und Klavierbegleitung arrangierte Sätze aus Quartetten von Joseph Haydn oder das Adagio aus der Sonata VI von Pietro Boni, die ursprünglich für Violoncello und Cembalo geschrieben wurde. Viele Kompositionen stammen von Meistern, die selbst als Cellisten bekannt waren wie Joseph Reinagle, Stephen Paxton, Salvatore Lanzetti oder Jean Barrière.
Man mag es als frevelhaft empfinden, einzelne Sonatensätze aus ihrem Zusammenhang zu reißen – der Schüler wird dennoch Spaß an Growing with Grancino haben, einfach weil die Frustration darüber ausbleibt, aus ein und demselben Werk nur einzelne Sätze spielen zu können.
Fingersatzempfehlungen und praktische Hinweise zur Aufführung wie Vorschläge für Kadenzen sind in den Notenausgaben enthalten; was leider fehlt, sind Inhaltsverzeichnisse. Auch einige Schwächen im Lektorat sind nicht zu übersehen. So wurde z.B. die Aria Grazioso aus der Sonata II aus den sechs Sonaten für Violoncello von Jean Barrière versehentlich sowohl in Buch 2 als auch in Buch 4 aufgenommen, und auch andere mehr oder weniger gravierende Flüchtigkeitsfehler – wie ein Zahlendreher in der Satzbezeichnung – sind vorhanden. Reihenherausgeberin Nona Pyron zufolge ist jedoch eine Neuauflage der Noten geplant, in der diese Fehler behoben sein sollen.
Julia Hartel