Robert Freund

Gottfried von Freiberg

Hornist – Lehrer – Vorbild

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Eigenverlag BuchDrucker.at, Wien 2020
erschienen in: das Orchester 09/2021 , Seite 75

Wie stark man sich seinem Hauptfachlehrer als Musikstudent auch Jahrzehnte nach Ende des Studiums verbunden fühlen kann, zeigt dieses aufwendig gestaltete Buch. Der österreichische Hornist und Autor Robert Freund hat im Alter von 88 Jahren hiermit seinem Vorbild und damaligen Professor Gottfried von Freiberg bald 60 Jahre nach dessen Tod ein Denkmal gesetzt.
Freiberg war Hornist der Wiener Philharmoniker und Lehrer an der Wiener Musikakademie. Durch ihn wurde mitten im Zweiten Weltkrieg Richard Strauss’ 2. Hornkonzert uraufgeführt. Aus dem Buch geht hervor, wie groß Freibergs Einfluss nicht nur auf seine zahlreichen Schüler, sondern auf die gesamte ihm nachfolgende Hornistengeneration und die Wiener Musiziertradition gewesen sein muss. Ausführlich wird auf die Besonderheiten des Wiener Horns oder auch die unterschiedliche Artikulation verwiesen; beides wird mit vielen (Noten-)Beispielen verdeutlicht. Nicht zuletzt findet auch der herausragende Wiener Hornklang Erwähnung.
Darüber hinaus widmet sich Freund in aller Ausführlichkeit Freibergs Lebensumständen. Freiberg hatte einen jüdischen Großvater und war dementsprechend während der NS-Diktatur in Österreich, aber auch speziell in seinem Orchester schweren Anfeindungen ausgesetzt. Der Autor schildert nicht nur die damaligen Umstände sehr eingehend und kenntnisreich, sondern lässt auch sein eigenes Erleben einfließen. Zudem kommen Wissenschaftler zu Wort, sodass auf vielfältige Weise diese einschneidende Zeit in Gottfried von Freibergs Leben porträtiert wird.
Auch die anschließenden Jahre bis zu Freibergs Tod im Jahr 1962 waren von großen Herausforderungen geprägt – seien es Konflikte mit Dirigenten, eine belastende Zeit als Orchestervorstand und natürlich die hohen Anforderungen als Solohornist. Trotz alledem soll er aber nie seine Studenten aus dem Blick verloren und sich um ihr persönliches, berufliches und finanzielles Vorankommen bemüht haben.
Anrührend sind die vielen Beiträge von weiteren Schülern und Wegbegleitern Freibergs. Die wiedergegebenen Nachrufe, Briefe und Anekdoten verdeutlichen noch einmal seinen Stellenwert in der Wiener Musiklandschaft. Es entsteht so ein umfassendes Bild von Freibergs Leben in persönlicher sowie beruflicher Sicht, versehen mit eindrucksvollen Schilderungen der Hingabe, mit der der Professor sich um seine Studenten kümmerte.
Der Aufbau ist nicht immer stringent und die Erzählstruktur teilweise recht eigen. Dem Autor ging es hierbei aber sicher nicht um so etwas wie wissenschaftliche Vollständigkeit. Vielmehr dürfte es ihm daran gelegen sein, seine Erlebnisse mit seinem Vorbild für die Zukunft festgehalten zu wissen. Das gebundene Buch ist hochwertig aufgemacht und angefertigt und mit sehr viel Liebe zum Detail verfasst worden. Die vielen Fotos und Zeitzeugnisse runden den gelungenen Eindruck dieses lesenswerten Werkes ab.
Mia Schwarzfischer