Ute Grundmann
Gotha-Eisenach: Die Erforschung der Quintessenz
Das 2. Sinfoniekonzert der Thüringen Philharmonie Gotha-Eisenach mit Werken von Beethoven, Vieuxtemps und Schumann
Das Schicksal der Genoveva in der ihr von Robert Schumann gewidmeten Oper währt gut zwei Stunden, normalerweise. Die Thüringen Philharmonie Gotha-Eisenach war damit schneller durch, dank des Arrangements des Dirigenten Charles Olivieri-Munroe. Und das sollte nicht die einzige Überraschung dieses 2. Sinfoniekonzerts mit dem Titel „Reinheit und Vollkommenheit“ sein.
In Eisenach und Gotha will man in dieser Spielzeit „Das Fünfte Element“ (so das Motto) erforschen und zu Gehör bringen: die Quintessenz, den geistigen Grundstoff unseres Lebens, der gerade allzu oft durch ein Virus ausgebremst wird. Und so begann der Abend im Landestheater Eisenach voller Kraft und Lebensfreude, mit Beethovens Fidelio-Ouvertüre, op. 72. Zwischen zackig und elegisch wechselte das Orchester zunächst hin und her, fand dann zu einem hell-dynamischen Klang, aus dem sich die präzisen Bläser wunderbar heraushoben. Besonders schön klangen die tiefen Hörner zu hellen Streichern, bald gemächlich, bald Blitze schleudernd. Charles Olivieri-Munroe, Erster Gastdirigent der Thüringen Philharmonie, leitete die Ouvertüre mit großen, fordernden Gesten – und ließ die Musiker dann ins Helle stürmen.
Unter den Titel „Reinheit und Vollkommenheit“ sollten sich dann auch zwei Werke des belgischen Komponisten Henry Vieuxtemps (1820-1881) einordnen – seine Ururenkelin Agnes Briolle-Vieuxtemps gestaltete an diesem Abend die Konzerteinführung. Der Solist beider Werke war der in Russland geborene Geiger Alexander Markov, heute in den USA lebend. Zu seinem auffälligen Outfit – Jabot und Spitzenstulpen unter blauschimmerndem Jackett – wollte sein routiniertes Spiel nicht so recht passen. Vieuxtemps’ Variationen über die Romanze G-Dur von Beethoven für Violine und Orchester begann Markov zwar in den höchsten Tönen, doch das Orchester antwortete sehr viel emotionaler und engagierter auf seinen Solopart, setzte Triller den Linien der Geige entgegen. Wunderbar trug die Querflöte das Solo; aus einem unruhigen, aber präzisen Auf und Ab der Töne und Gefühle steuerten die Musiker in ein ruhiges Fließen, dem das flink-routinierte Solo entgegenstand.
Lesen Sie weiter in Ausgabe 2/2022.